Veränderung liegt in der Luft

(von Jörg Schneidereit)

Fundstück und Inspiration: Zeitgenössischer kolorierter Holzschnitt eines Flugblatts aus dem Deutschen Bauernkrieg, aus dem Jahr 1524 (!)
Und nein: Geschichte wiederholt sich nicht – aber sie reimt sich…

Dünn sind sie geworden, die Wände des kochenden Kessels. Dünn und rissig, während der Druck unablässig steigt. Über Jahre haben, heimlich und fast unbemerkt, minderwertige Hobbyköche in der Berliner Großküche mit schlechten Rezepten und verfaulten Zutaten den Brei verdorben. Die einstige Haute Cuisine dieses Landes ist zur Suppenanstalt; die ehemals gedeckten Tafeln sind zu Futtertrögen verkommen. Als sie begannen, diese schlechte Brühe noch weiter zu verdünnen, machte sich Unmut breit, im Land der Hungrigen. Als sie damit anfingen, die Fremden, die Eindringlinge, die Undankbaren und die Nichtsnutze zu verköstigen, während die Heimischen darbten, wuchs die Wut.

Als sie sich selbst die besten Stücke nahmen, während sie lächelnd Verzicht predigten, stieg der Hass. Als sie dann die sorgsamen Schöpfer, die Bewahrer und Hüter der kostbaren Feldfrüchte erst schikanierten, dann bestahlen und schließlich beschimpften und beleidigten, merkten sie noch immer nicht, dass sie zu weit gegangen waren. Als das üble Gebräu, das sie uns allen servierten, nicht nur immer weniger schmeckte, sondern bereits bei den ersten zum Erbrechen führte, drehten sie, anstatt das Rezept zu überdenken, lieber die Kochflamme auf Maximalstellung. Dies war der Moment, in dem, von den selbstzufriedenen Köchen in ihren grünen Schürzen völlig unerwartet, der Kessel platzte.

Furor der Großköche

Und jetzt? Jetzt können sie es nicht fassen, dass man ihren Fraß satt hat. Sie, die doch damals versprachen, alles besser zu kochen – gesünder, verträglicher, ausgewogener und nahrhafter. Damals, als sie sich als hoffnungsvolle Kämpfer für Frieden, Gerechtigkeit und Glück gerierten. Damals, als sie keine Gewalt und keine Opfer scheuten, um gegen „böse Kernenergie“, „bösen Kapitalismus“, „die Bösen da oben“, aber auch gegen Kontrolle, Unfreiheit, Bevormundung und Freiheitsberaubung vorzugehen. Und nun können sie, genauso wenig, wie alle irgendwann im eigenen Saft kochenden Despoten vor ihnen, es einfach nicht fassen, dass den Untertanen ihre unausgegorene, zusammengerührte Pampe nicht mehr schmeckt.

Einer ihrer Großköche fordert nun: „Kehren Sie um, sie haben sich verrannt!“ und er „kann die Stimmung im Land kaum mehr ertragen“. Ein anderer Koch „rügt“ die „Wut-Bauern“, als wären es unartige Kleinkinder; Koch Nummer drei stammelt: „Das sind Leute, die haben feuchte Träume von Umstürzen“. Ihre regimetreuen, faschistischen Küchenjungs von der sogenannten “Antifa“ machen als „Streikbrecher“ martialisch scharf gegen „rechte Revolte“ und ihre als „Zeitungen“ und „Fernsehnachrichten“ getarnten Staatsorgane titeln Schlagzeilen wie „Extremisten und Querdenker rufen Bauernproteste zu Krieg aus“; „Bauernproteste gegen Robert Habeck von russlandfreundlichen, rechtsradikalen Reichsbürgern gesteuert“; „Teilnehmer der kommenden Demonstrationen sind gesichert rechtsextrem“ oder schreiben sich hilflos vom „motorisierten Mistgabelmob“ und „Profiteuren der Agrarlobby“ in Rage.

Das System läuft sich warm

Die Staatsanwaltschaft ermittelt bereits gegen die Bauern wegen „Nötigung“ und strebt Strafverfahren an, weil Chefkoch Habeck angeblich beim Verlassen eines Bootes „genötigt“ und „terrorisiert“ wurde (was, laut eindeutiger Videobelege, genauso frei erfunden ist, wie es 2018 die sogenannte „Neonazi-Hetzjagd“ von Chemnitz war, die es nachweislich niemals gab). Von einem allseits bekannten Mitglied der Laienkochtruppe wird Habecks Bootstour zur „gefährlichen Situation“ hochgeköchelt: „…es kann nur eine Konsequenz geben – auf Landfriedensbruch, Nötigung, Sachbeschädigung. Das sind Fälle für den Staatsanwalt“, wie er vollmundig meint – und möchte die bösen Bauern, wie einst vor 500 Jahren, am liebsten bei Wasser und Brot einsperren. Oder Schlimmeres? Für Koch Ruprecht Polenz (in der Vergangenheit meist zuständig für die schärferen Gewürze im Berliner Gebräu), sind es selbstverständlich die „Reichsbürger“, die „gezielt daran arbeiten, dass die Landwirte die Kontrolle über ihre Aktionen verlieren.

Man merke: Eine debile Klimakleber-Sekte darf mit staatlicher Duldung den öffentlichen Verkehr lahmlegen, Flughäfen blockieren, öffentliche Gebäude beschmieren, Kunstwerke beschädigen, Maschinen sabotieren, Autos anzünden und offen mit Anschlägen und Gewalt drohen. Damit sind sie „Aktivisten“ für eine bessere Zukunft. Wenn allerdings Landwirte, deren komplette Existenz und Zukunft auf dem Spiel steht (und damit, was viele noch immer nicht begreifen, unser aller Existenz und Zukunft), friedlich zu demonstrieren beabsichtigen, dann sind diese Landwirte und alle, die sich ihnen anschließen „Nazipack“, „Extremisten“, „Verschwörer“und „rechte Revolte“. Und ja: „Trecker fahren macht dumm“ – das hätte ich fast vergessen.

Entlarvendste Ironie des Schicksals

Dass es nun gerade die Landwirte sind, die sich gegen jene angeblich „grünen“, „naturverbundenen“, „sozialen“, „menschen- und familienfreundlichen“ Wächter und Protektoren ihrer Zunft auflehnen, ist für mich die eigentlich entlarvendste Ironie des Schicksals überhaupt. Ich wage momentan keine Prognosen; aber dieser morgige 8. Januar 2024 könnte der wirkliche Beginn von etwas Großem, etwas Neuem werden. In der Chefkochabteilung der Landessuppenküche herrschen inzwischen Dampf und Düsengang. Kalte Angst und Schlaflosigkeit dürften sich breitmachen, unter den Panschern und Giftmischern auf ihrem stinkenden Berliner Komposthaufen, den sie vergeblich versuchten, uns als buntes Ratatouille zu verkaufen. Aber das postprandiale Tief ist allerorten überwunden. Der Einheitsfraß schmeckt nicht mehr. Möge die kommende Zeit eine neue Ära einläuten. Wir können das Lokal nicht wechseln – also tauschen wir doch die Köche aus und ernähren uns in Zukunft wieder reichhaltiger, erfüllter und vor allem gesünder.

Abschließend noch einmal – zum Wachrütteln und gegen das Vergessen – ein wenig Grundkurs im Grundgesetz: In Artikel 20, Absatz 3 & 4 unserer Verfassung heißt es: „Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden. Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“ Dazu schreibt der Staatsrechtler Josef Isensee in seinem Aufsatz „Widerstandsrecht im Grundgesetz“ im 2013 erschienenen „Handbuch Politische Gewalt“:  „Sie (die Bürger) sind das letzte Aufgebot zum Schutz der Verfassung. Wenn nichts anderes mehr hilft, drückt diese ihnen die Waffe des Widerstandsrechts in die Hand, um ihr eigenes Überleben zu sichern“. Dies kann jeder auf der offiziellen Seite des Deutschen Bundestages nachlesen.

Bleiben wir also vereint und stark gegen das herrschende Unrecht! Lassen wir uns nicht beirren: Veränderung ist möglich, wenn wir sie wirklich und von Herzen wollen!


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