Mein Vater ist seit 1979 bei der Freiwilligen Feuerwehr. Seit mehr als 40 Jahren: Gott zur Ehr, dem nächsten zur Wehr. Irgendwann wurde aus ehrenamtlich dann hauptamtlich, vor vier Jahren ist er als Berufsfeuerwehrmann in Rente gegangen.
Ich kenne ihn nur mit Alarm-Pieper am Gürtel und einem rauschenden Funkgerät in der Werkstatt, damit er mitkriegt, wer warum wie mit Blaulicht auf den Straßen unterwegs ist. Vergangene Woche hat er das Video aus Berlin gesehen, in dem Feuerwehrmänner und Polizisten darum bitten (!), in der Silvesternacht nicht attackiert zu werden. Wortwörtlich sagen die Einsatzkräfte: „Greift uns nicht an. Beschießt uns nicht mit Böllern, Raketen oder Schreckschusswaffen.“
Danach haben wir telefoniert, hier das Protokoll im Wortlaut.
„Für wen machen wir das?!“
„Das ist doch alles nicht mehr normal. Bei all der Sch…. , die du im Einsatz sehen musst, wirst du jetzt selbst zur Zielscheibe?! Wenn du Feuerwehrmann wirst, weißt du vorher, dass du viel Elend siehst … Bei Unfällen auf der Straße oder in Häusern, nach Bränden … Verletzte, Tote – du kratzt Menschen aus Autos und von Bäumen. Nicht, weil du es willst, sondern weil einer es machen muss.
Als Berufsfeuerwehrmann hast du 24-Stunden-Schichten. Bei der Freiwilligen Feuerwehr kann 24/7 der Alarm kommen und dann springst du los. Jeder, der helfen will, lässt alles stehen und liegen, weil Blaulicht eine Berufung ist … In Ratingen haben sie eine Polizistin bei einer Wohnungskontrolle mit Benzin übergossen und angezündet. In Berlin neulich die Radschrauben von einem Rettungswagen gelockert. An Silvester letztes Jahr wurden Kollegen in Uniform in Hinterhalte gelockt. Wenn ich das alles lese, frage ich mich, für wen wir das machen. Wenn ich das alles lese und heute entscheiden müsste, würde ich nicht noch einmal Feuerwehrmann werden.“
Hier noch einmal das Video der Berliner Einsatzkräfte, um das es geht:
Ich möchte meinen Vater jetzt nicht überhöhen, aber mich macht das nachdenklich, wenn jemand, der sein Leben lang gerne geholfen hat, diese für die Gesellschaft enorm wichtige Aufgabe heute nicht mehr übernehmen würde. Es sind die Worte eines Feuerwehrmannes in Rente.
Ich wünsche allen Feuerwehrleuten, Polizisten und Rettungskräften, die in der Silvesternacht im Einsatz sind, eine sichere Schicht. Wer die Bereitschaft dieser Menschen missbraucht oder sie bewusst attackiert, dem ist nicht mehr zu helfen. Oft ist dann von einer „konsequenten Antwort des Rechtsstaats“ (O-Ton Berlins Bürgermeister Wegner) die Rede. Die Wahrheit ist doch: Wer Menschen in Uniform angreift, dem ist die Antwort des Rechtsstaats vollkommen egal.
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