Berlin/Dubai. Ein Index zeigt, welche Länder beim Klimaschutz auf einem guten Weg sind und welche weiter bremsen. Ein Trend macht Experten Hoffnung.
Gut genug für die Spitzenplätze ist auch in diesem Jahr niemand. Seit 2005 misst der Climate Change Performance Index, erstellt vom NewClimate Institute und der Nichtregierungsorganisation Germanwatch, wie gut oder schlecht Länder vorankommen beim Klimaschutz. Und seitdem bleiben die ersten drei Plätze der Rangfolge leer. Es soll ein Symbol sein dafür, dass kein Land der Welt ehrgeizig genug Klimaschutz betreibt.
Auch der Index für 2024, der an diesem Freitag auf der Weltklimakonferenz COP28 in Dubai vorgestellt wird, sieht keines der untersuchten Länder auf Kurs für eine Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 Grad. Noch am nächsten kommt diesem Ziel Dänemark. Das skandinavische Land landet in diesem Jahr erneut auf Platz vier, gefolgt von Estland, den Philippinen und Indien. Den Rest der Top Ten bilden die Niederlande, Marokko und Schweden. Deutschland hat sich im Vergleich zum vergangenen Jahr um zwei Plätze verbessert und steht nun auf Platz 14, die EU als Ganzes auf Platz 16. Polen landet als schlechtestes EU-Land auf Platz 55.
In der Bewertung der Bundesrepublik würden sich „Licht und Schatten“ zeigen, sagt Jan Burck von Germanwatch, einer der Autoren des Berichts. Positiv sei unter anderem der Ausbau der Erneuerbaren Energien, der wieder Fahrt aufnehme. „Bei Gebäuden und Verkehr sieht es dagegen nicht gut aus“, sagt er. Beide Sektoren hatten 2022 ihre Ziele nach dem Klimaschutzgesetz verfehlt. „Und wenn nach dem Urteil des Verfassungsgerichts für viele geplante Maßnahmen das Geld fehlt, kann es auch sein, dass Deutschland im kommenden Jahr wieder abrutscht“, erklärt Burck.
Weltklimakonferenz COP28: Die Gastgeber aus den VAE schneiden schlecht ab
Ausgewertet werden für den Index vier Kategorien:
- Fortschritte beim Ausbau der Erneuerbaren Energien
- Energieverbrauch eines Landes
- Klimapolitik
- Treibhausgasemissionen pro Kopf (doppelt so hoch gewichtet wie die anderen Faktoren)
In der letzten Kategorie stehen etwa die Philippinen, Nigeria und Indien gut da, aber auch Schweden und Luxemburg.
Analysiert werden im Klimaschutz-Index insgesamt 63 Länder und die EU. Gemeinsam sind sie verantwortlich für mehr als 90 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen. Länder mit extrem niedrigen Anteilen an den weltweiten Emissionen finden keinen Eingang in die Statistik, deshalb tauchen nur wenige afrikanische Länder im Index auf.
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Am unteren Ende der Gesamtauswertung finden sich vor allem Staaten, die viel Geld verdienen mit der Förderung fossiler Brennstoffe. Auf Platz 62 steht Kanada, unter anderem, weil dort die Öl- und Gasproduktion bis 2030 noch steigen soll. Die Vereinigten Arabischen Emirate, Gastgeber der diesjährigen Weltklimakonferenz, landen auf Platz 65, gefolgt von Iran und Saudi-Arabien auf dem letzten Platz.
Seit der Verabschiedung des Pariser Abkommens 2015 sei die Bedeutung des Index‘ gestiegen, sagt Germanwatch-Experte Burck. „Die Länder geben sich selbst Ziele für ihre Klimapolitik vor, aber es braucht Wissenschaft und Zivilgesellschaft, um zu bewerten, was tatsächlich umgesetzt wird.“ Und auf diese Auswertung blicke inzwischen unter anderem auch die Finanzwelt.
Klimaschutz: China macht vor, wie schnell der Ausbau der Erneuerbaren gehen kann
Die Präsentation des Rankings auf der Klimakonferenz soll die Staaten auch dazu anspornen, dort ehrgeiziger zu werden. „Wir brauchen von dieser COP den Beschluss, dass die Erneuerbaren bis 2030 um den Faktor drei wachsen und die Energieeffizienz verdoppelt wird“, sagt Burck. Das sei ambitioniert, weil nicht mehr viel Zeit bleibe. „Aber China macht vor, dass es erreichbar ist.“
Die Volksrepublik baut derzeit massiv ihre Kapazitäten für Erneuerbare Energie aus und könnte schon im kommenden Jahr den Höhepunkt ihrer Emissionen überschreiten. Damit schlägt sich ein längerfristiger Trend nieder – wie schnell die Erneuerbaren Energien in den vergangenen Jahren ausgebaut wurden, habe man sich bei der ersten Veröffentlichung des Rankings kaum vorstellen können, sagt Burck.
In den USA, die der zweitgrößte Emittent sind, liege mit Joe Bidens großem Subventionspaket (Inflation Reduction Act) jetzt sehr viel Geld auf dem Tisch, um Klimaziele zu erreichen. „Wenn diese beiden Länder wirklich liefern“, sagt Burck, „könnte der Index nächstes Jahr sehr viel besser aussehen.“
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