Grün-Land, Grün-Land über alles

Irgendwann geht den Grünen schon das Geld für ihre Träumereien aus, und dann ist der Spuk vorbei: Wer das gehofft hatte, wird jetzt eines Schlechteren belehrt. Parole: Sieg oder Untergang. Die linke Reichshälfte zeigt sich entschlossen, ihrem Wolkenkuckucksheim notfalls das ganze Land zu opfern.

Nero-Befehl“: So nennen Historiker eine unappetitliche Episode der deutschen Geschichte. Leider hat Geschichte die etwas deprimierende Neigung, sich zu wiederholen. Wir kommen gleich darauf zurück.

Zunächst richten wir den staunenden Blick darauf, wie hartleibig die deutschen Grünen sich gegen die Wirklichkeit stemmen, wenn diese Wirklichkeit vom grünen Wahlprogramm abweicht. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat der Ampel ja gerade ihre Taschenspielertricks beim Bundesetat verboten. Jetzt fehlen 60 Milliarden Euro in der Staatskasse.

Also, die fehlten natürlich auch vorher schon – aber die Regierung darf nach dem Urteil jetzt nicht mehr einfach so tun, als ob sie da wären. Klar, das hätte sie natürlich auch vorher schon nicht gedurft – hat es aber trotzdem getan. Und dafür jetzt eins auf die Finger bekommen.

Die Ampel-Erfindung „Schrödingers Staatskasse“ – wo man Geld ausgeben und gleichzeitig nicht ausgeben kann – funktioniert nach höchstrichterlichem Urteil nun auch offiziell nicht. Doch mit dieser Realität mögen sich die Grünen nicht anfreunden. Sie sind zwar Regierungspartei im viertgrößten Industriestaat der Welt, aber sie machen keinerlei Vorschläge, wo denn nun gespart werden könnte oder sollte. Im Gegenteil:

Unbeeindruckt verlangen die Grünen für ihre Wünsche immer mehr Geld.

Am vergangenen Montag hat Wirtschaftsminister Robert Habeck verkündet, man werde alle „grünen Transformationsprojekte“ umsetzen, denn die beträfen den „wirtschaftlichen Kern Deutschlands“. Woher die Mittel dafür kommen sollen – ob man das Geld dafür von woanders umleiten will – und wenn ja, woher: All das sagte Habeck nicht. Dafür rief er aus, jetzt müsse die Substanz der Volkswirtschaft Deutschlands verteidigt werden.

Das war ein grenzsatirischer Moment. Schließlich war es ja Habecks Partei selbst mit ihrem Deindustrialisierungs-Furor, die überhaupt erst jene Löcher in unsere volkswirtschaftliche Substanz geschossen hat, die Habeck jetzt beklagt. Auto, Maschinenbau, Chemie, Pharma: Alle Pfeiler des deutschen Wohlstands haben die Grünen mit ihrer großen Klima-Flex massiv angesägt, Unternehmen (und Unternehmer) in Scharen vertrieben.

Wäre der Wirtschaftsminister Habeck ein Betrieb, würde man sagen: Er ist pleite. Die Zahl der Insolvenzen in Deutschland ist unter ihm sprunghaft gestiegen. Bis zum Ende des laufenden Jahres werden wohl über 18.000 Unternehmen hierzulande den Gang zum Insolvenzgericht angetreten haben. Das sind satte 23,5 Prozent mehr als im Vorjahr, über 200.000 Arbeitsplätze sind dadurch bedroht oder schon weggefallen. Und im kommenden Jahr erwartet die Wirtschaftsauskunftei Creditreform sogar um die 20.000 Pleiten.

Acht von zehn Insolvenzen betreffen kleine Unternehmen mit höchstens zehn Mitarbeitern. Doch auch 260 Großunternehmen mit mehr als zehn Millionen Euro Jahresumsatz werden in diesem Jahr aufgeben, analysiert die Beratungsgesellschaft Falkensteg. Da werden Domino-Effekte befürchtet: Zahlungsunfähige Firmen ziehen zeitversetzt weitere Unternehmen mit in die Insolvenz. Und auch bei den Verbraucherpleiten setzt sich der rückläufige Trend des Vorjahres nicht fort: Für 2023 wird mit 66.200 Fällen gerechnet, im kommenden Jahr mit deutlich mehr.

Immer mehr Unternehmen können ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen, immer mehr Bürger können ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen, und der Staat könnte bald auch seine Rechnungen nicht mehr bezahlen. Deshalb hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) bekanntlich eine Haushaltssperre verhängt.

Die Grünen tun so, als ob sie das nichts anginge.

Beim Ausgeben von nicht vorhandenem Geld zur Befriedigung der eigenen Wunschträume hat Robert Habeck scharfe parteiinterne Konkurrenz. Annalena Baerbock hatte einst den Wettlauf um die grüne Kanzlerkandidatur gewonnen. Als Außenministerin will sie jetzt auch in der Disziplin Steuergeldvernichtung ganz nach vorne. Ihr wichtigstes Instrument dabei heißt: internationaler „Klimaschutz”.

Im vergangenen Jahr zahlte Deutschland „Klimahilfen” in Höhe von 6,39 Milliarden Euro für Entwicklungsländer, dazu kamen weitere zwei Milliarden für den „Green Climate Fund“ der Vereinten Nationen. 2023 soll der deutsche Steuerzahler nach dem Willen von Frau Baerbock und ihrer Ampel 835 Millionen Euro für „entwicklungswichtige multilaterale Hilfen zum weltweiten Klimaschutz“ zahlen. In den folgenden Haushaltsjahren kommen da noch einmal 2,3 Milliarden dazu. Damit werden Dinge mitfinanziert wie der „Globale Umwelt- und Treuhandfonds“ (25 Millionen), „Pro Green“ (48 Millionen) oder die „Zentralafrikanische Waldinitiative“ (30 Millionen).

Kolumbien bekommt 200 Millionen für seine nationalen „Klimaziele”. Nigeria bekommt 640 Millionen für „Klimaprojekte”. Pakistan bekommt 120 Millionen unter anderem für den Ausbau „erneuerbarer Energien“ im Stromnetz. Senegal bekommt 170 Mio. u. a. für eine sozial gerechte „Klimawende­.

Und so weiter, und so fort.

Manche Details sind etwas für Genießer der politischen Kurzsichtigkeit: Kurz nach dem Amtsantritt von Brasiliens Präsidenten Lula da Silvas hatte Berlin mal eben 200 Millionen Euro für die Rettung des Amazonas überwiesen. Habeck, der ja auch Klimaschutzminister ist, ließ es sich damals nicht nehmen, selbst CO2-neutral nach Brasilien zu schwimmen (kleiner Scherz, er ist dann doch geflogen). Dort lobte er Lula für dessen Bemühungen um den Waldschutz.

Doch Gott hat einen harten rechten Haken, auch wenn man gar nicht an ihn glaubt: In bestimmten Waldgebieten erreicht die Abholzung unter Lula gerade einen historischen Höchststand. Seine Regierung erlaubt der Agrarindustrie mehr Pestizide als jede andere zuvor. Und selbst besonnene und gemäßigte Umweltschützer sind über Lulas Pläne zur Erdölförderung im Amazonas-Becken entgeistert.

So kann’s gehen, alles mit deutschem Steuergeld.

An dieser Stelle zeigt sich nun eine grüne Eigenart: Fehlschläge werden nicht zum Anlass genommen, den eigenen Ansatz oder zumindest die eigenen Methoden zu überprüfen – sondern ausschließlich als Aufforderung, weiter in dieselbe Richtung zu marschieren, nur eben noch schneller. Deutschland wolle jedem (sic!) helfen, der von der „Klimakatastrophe“ bedroht sei, lässt Frau Baerbock wissen. Dafür will sie die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse schleifen, denn die mache die Regierung „völlig unfähig, mit der Art von Notfällen und Krisen, die wir jetzt erleben, effektiv umzugehen“.

Mit anderen Worten: Man trete nicht auf meine grünen Träume.

Bejubelt wird die Partei dabei vor allem von Jüngeren – die gar nicht merken, wie sehr da gerade alles gegen ihre eigenen Interessen läuft. Denn „nachhaltig“ ist grüne Politik natürlich nicht, im Gegenteil: Da werden einerseits jetzt Schulden angehäuft, die noch viele spätere Generationen im Leben nicht abbezahlen können. Und gleichzeitig wird, andererseits, die wirtschaftliche Basis zerstört, die man zwingend bräuchte, um überhaupt jemals irgendetwas zurückzahlen zu können.

Doch gerade jetzt rückt eine grüne Reservearmee aus, um der öffentlichen Meinung diese Wahrheiten wieder auszureden:

  • Ramona Pop war grüne Bürgermeisterin von Berlin, jetzt ist sie Chefin des Verbraucherzentrale Bundesverbands. Stramm auf Parteilinie fordert sie – natürlich im Namen ihres Verbandes – eine Verlängerung der staatlichen Gas- und Strompreisbremsen.
  • Kerstin Andrae war grüne Bundestagsabgeordnete, jetzt ist sie Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft. Stramm auf Parteilinie fordert sie – natürlich im Namen ihres Verbandes – mehr Stromsubventionen, und zwar gleich 5,5 Milliarden Euro.

Nach der letzten Bundestagswahl hatte man oft gehört: „Irgendwann geht den Grünen schon das Geld für ihre Träumereien aus, und dann ist der Spuk vorbei.“ Doch wer das gehofft hatte, wird jetzt eines Schlechteren belehrt. Die linke Reichshälfte zeigt sich entschlossen, ihrem Wolkenkuckucksheim notfalls das ganze Land zu opfern. Für die „Transformation“ werden über Jahrzehnte, manchmal Jahrhunderte gewachsene Strukturen zerschlagen. Sehenden Auges riskieren die Grünen für ihr Utopia das, was Generationen vor ihnen mühsam aufgebaut haben.

Es sind ja nicht die Russen oder die Saudis oder die Iraner, die dafür gesorgt haben, dass deutsche Unternehmen bis zu dreimal mehr für Strom zahlen müssen als die internationale Konkurrenz: Es sind die Grünen, wissentlich und willentlich. Die Fachleute im Wirtschaftsministerium hatten Habeck eindringlich vor massiven Strompreiserhöhungen gewarnt, falls Deutschland seine Atomkraftwerke abschaltet:

„Der Weiterbetrieb der AKW hat neben der (geringen) Gaseinsparung zwei weitere Vorteile: die Strompreise sinken, und der Netzbetrieb wird sicherer. Da Neckarwestheim und Isar2 in Süddeutschland stehen (und immer laufen), reduzieren sie Netzengpässe deutlich.“

Bekanntlich war Habeck die Umsetzung des grünen Wahlprogramms wichtiger, die Atommeiler wurden abgeschaltet. Heute weint der grüne Spitzenmann, pardon, Krokodilstränen: Die Energiepreise seien existenzbedrohend. „Wir verlieren die Industrie und damit nicht nur Arbeitgeber und Branchen, sondern einen maßgeblichen Teil des Wohlstands.“

Als ob er selbst damit gar nichts zu tun hätte.

In Wahrheit nimmt Habeck die Folgen seines Treibens kalt in Kauf. Wo grün gehobelt wird, fallen halt menschliche Späne. Die Opfer der großen Transformation bekommen dann noch ein paar mitfühlende Worte zum Abschied. „Palliativ-Politik“ nennt das der Journalist Ulrich Exner.

„Grün wirkt“ ist der zentrale Slogan der Partei. Er stimmt – aber anders als gedacht. Die grünen Träumereien zerschellen an der Wirklichkeit, aber der grün-linke Mainstream in Deutschland gibt trotzig der Wirklichkeit die Schuld. Die Partei hält nicht nur starrsinnig an ihrem Modell fest, sondern gibt sich einem politischen Narzissmus hin: „Wenn ich dich nicht haben kann, dann soll dich keiner haben.“

Deutschland soll es nur grün geben – oder gar nicht.

Exemplarisch zeigt das der Rückbau der Kernkraftwerke. Dabei haben grüne Landesminister die Rohrleitungen in AKWs bewusst so zerstören lassen, dass künftige (möglicherweise Kernkraft-freundliche) Regierungen die Meiler nicht wieder in Betrieb nehmen können sollen. Die Parole heißt: Sieg oder Untergang. Es ist eine Politik der verbrannten Erde. Genau das war der Inhalt des berüchtigten „Nero-Befehls“ im März 1945.

Die eigentliche Notlage in Deutschland ist die Regierung.