Warburg-Skandal holt Olaf Scholz ein

„Das schärfste Schwert“

Es wird eng für Olaf Scholz: Der Warburg-Untersuchungsausschuss kommt, die Opposition sagt, das Verhalten des Bundeskanzlers sei verdächtig.

Am kommenden Donnerstag wird das Plenum des Bundestags einen Beschluss fassen, der über die Zukunft von Bundeskanzler Olaf Scholz entscheiden könnte. In einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss will die Unions-Fraktion klären, welche Rolle der jetzige Bundeskanzler beim Hamburger Warburg-Bank-Skandal gespielt hat.

Der Ausschuss soll im Juni seine Arbeit aufnehmen und wird umfassend im Cum-Ex-Fall ermitteln, „warum Hamburg – anders als alle anderen Bundesländer – ausdrücklich auf die Rückzahlung der illegalen Erstattungen verzichten wollte“, sagte der Obmann der Unionsfraktion im Finanzausschuss, Matthias Hauer der Berliner Zeitung. Hatten vor der Regierungsbildung FDP und Grüne noch aktiv an der Aufklärung mitgewirkt, will sich jetzt keiner aus der Ampel-Koalition engagieren.

Die Union wird daher, so Hauer, „den Ausschuss allein beantragen, wir sammeln gerade die Unterschriften in der Fraktion“. Aber natürlich seien „alle anderen Fraktionen eingeladen, dann am Ausschuss aktiv mitzuwirken.“ Die Links-Partei signalisiert schon einmal Zustimmung. Amira Mohamed Ali, Vorsitzende der Fraktion Die Linke im Bundestag, sagte der Berliner Zeitung: „Mit den Cum-Ex-Geschäften haben Banker die deutschen Steuerzahler um Milliarden betrogen. Es ist dringend notwendig, dass die möglichen Verstrickungen von Politikern in diesen Skandal lückenlos aufgeklärt werden. Dafür braucht es einen Untersuchungsausschuss. Der Steuerraub wurde zu lange nicht gestoppt und gestohlenes Geld trotz Strafurteil nicht zurückgefordert.“ Der AfD-Finanzexperte und Vorsitzende des Wircard-Untersuchungsausschusses, Kay Gottschalk, sagte der Berliner Zeitung, ein Untersuchungsausschuss zu Cum-Ex sei „überfällig“. Scholz sei „unglaubwürdig und hat den Finanzausschuss am Nasenring durch die Manege gezogen“.

Einer der Stars des Wirecard-Ausschusses wird diesmal jedoch auf jeden Fall fehlen: Der frühere Links-Politiker Fabio De Masi ist nicht mehr Mitglied im Bundestag, hat aber mit einem umfangreichen Dossier den Parlamentariern eine Steilvorlage für die Aufklärung geliefert (mehr hier).

Hauer sagt: „Es ist für die Demokratie wichtig, dass das Parlament die Regierung kontrolliert. Wir haben bisher alles versucht, um aufzuklären. Aber Olaf Scholz mauert bislang und die Wahrheit kommt scheibchenweise ans Licht. Der Untersuchungsausschuss ist das schärfste Schwert, das wir dazu haben.“ Es gehe „hier auch um das Agieren und die Glaubwürdigkeit des heutigen Bundeskanzlers“.

„Unwürdiges Verhalten eines Bundeskanzlers“

Bisher hatte Scholz wenig Aufklärungswillen gezeigt. Matthias Hauer, der schon im Wirecard-Ausschuss eine wichtige Rolle gespielt hatte, sagte: „Ich habe Olaf Scholz mehrfach zu dem Thema parlamentarisch befragt, er hat sich immer weggeduckt. Es ist auffällig zu sehen: Während er bei den meisten anderen Themen keine Emotionen zeigt, reagiert er bei Cum-Ex maximal genervt und dünnhäutig. Man merkt, da stimmt etwas nicht. Die Fragenzeichen sind jedenfalls nicht kleiner geworden.“ Hauers Hauptproblem: „Scholz hat sich mehrfach mit jemandem getroffen, gegen den wegen schwerer Steuerhinterziehung ermittelt wird. Er hat Olearius sogar einmal von sich aus angerufen. Wieso gibt es über keines dieser Gespräche Aufzeichnungen?“ Den Abgeordneten stelle „sich zudem die Frage, ob Scholz – um meine grüne Kollegin Lisa Paus zu zitieren – das Parlament belogen hat“.

Gerhard Schick, ehemaliger grüner Finanzexperte und heute Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende, sagte der Berliner Zeitung: „Ich glaube Olaf Scholz seine Erinnerungslücken nicht. Natürlich führen Politiker viele Gespräche. Aber wenn er als Bürgermeister sich dreimal mit einem der wichtigsten Repräsentanten der Hamburger Wirtschaft trifft, weil der die Staatsanwaltschaft am Hals hat, dann vergisst doch jemand wie Olaf Scholz nicht, was da besprochen wurde.“ Der „mangelnde Wille, hier Transparenz zu schaffen und politische Konsequenzen zu ziehen“, leiste „einen erheblichen Beitrag zu Politikverdrossenheit“. Das sei „ein unwürdiges Verhalten für einen Demokraten, und erst recht für einen Bundeskanzler“. Zwar gäbe es keine Garantie, dass der Ausschuss neue Erkenntnisse bringt. Es könne „aber immer passieren, dass jemand doch noch auspackt oder sich in Widersprüche verstrickt“. Schick: „Olaf Scholz wird sich natürlich weiter auf seine Erinnerungslücken berufen. Das ist aber kein Grund, auf eine weitere Untersuchung zu verzichten. Es ist aber ein Grund mehr, neben Cum-Ex auch Cum-Cum einzubeziehen, wo es um die Verschonung von über 100 Banken geht.“