Georg Willi: Neuwahl vom Tisch

Um Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi (Grüne) wird es immer einsamer. Am Dienstag marschierten sieben Gemeinderatsfraktionen zu einer Pressekonferenz auf und geißelten den Stadtchef einmal mehr für den bekannt gewordenen Sondervertrag für seine Ex-Personalamtsleiterin, „Stadtrechtsbrüche“ und „Günstlingswirtschaft“.

Eine gemeinsame Rücktrittsaufforderung an Willi wollten die Parteien auf Nachfrage allerdings nicht aussprechen. Eine vorgezogene Wahl scheint damit vorerst vom Tisch.

Im Frühjahr 2024 wird in Innsbruck planmäßig gewählt

Die Gemeinderats- und Bürgermeisterdirektwahl in der Landeshauptstadt steht planmäßig im Frühjahr 2024 am Programm. Und dabei dürfte es auch bleiben, denn sowohl von der ÖVP als auch der Liste „Für Innsbruck“ hieß es am Rande der Pressekonferenz zur APA, dass man eine Zustimmung zu einem allfälligen Auflösungsantrag im Gemeinderat auch weiterhin ausschließe.

Er könne das kategorisch ausschließen, betonte FI-Klubobmann Lucas Krackl und zwar aus einem einfachen Grund: Innsbruck stünde in einem solchen Fall monatelang bis zur Wahl „unter Kuratel“ und müsste unter Verwaltung des Landes gestellt werden. Die Stadt wäre dann politisch komplett handlungsunfähig, und zwar auch der Gemeinderat, der im Gegensatz zum Bürgermeister nach wie vor funktioniere: „Uns gibt es dann nicht mehr.“

Auch ÖVP-Klub- wie Stadtparteiobmann LAbg. Christoph Appler stieß gegenüber der APA ins selbe Horn und schloss eine Zustimmung der Volkspartei aus: „Das ist keine Lösung.“

Forderungen nach Neuwahlen aus mehreren politischen Ecken

SPÖ-Stadtparteichef Benjamin Plach sprach sich hingegen, wie die meisten anderen Nicht-Grün-Fraktionen, für einen Schlussstrich und einen vorgezogenen Urnengang aus. Für eine Auflösung des Gemeinderates braucht es eine Zweidrittelmehrheit sowie die Anwesenheit von drei Viertel der Mandatare.

Es handle sich um eine noch nie da gewesen Aktion, verlauteten die Teilnehmer von ÖVP/Seniorenbund, FI, SPÖ, FPÖ, Liste Fritz, „Lebenswertes Innsbruck“ und „Gerechtes Innsbruck“ bei der Pressekonferenz unter großem Medieninteresse in einem Café im Rathaus, nur einen Steinwurf vom Büro des Bürgermeisters entfernt.

Nur die Grün-Fraktion sowie die Grün-nahe Liste „ALI“ fehlten wenig überraschend. NEOS-Vertreterin Julia Seidl war zwar angekündigt, aber kurzfristig verhindert, solidarisierte sich jedoch mit der Anti-Willi-Phalanx.

Gemeinsame Rücktrittsforderung bleibt dennoch aus

Und wenngleich die Vorwürfe nur so auf Willi niederprasselten und vereinzelt auch dezidiert der Rücktritt verlangt wurde, in dieser Frage herrschte geeinte Uneinigkeit: Eine gemeinsame Rücktrittsaufforderung blieb aus. In einem schriftlichen Statement war folgerichtig von Übereinstimmung über Ablehnung der Vorgangsweisen des Bürgermeisters und den „Schaden“ für die Stadt zu lesen, aber auch von der unterschiedlichen Bewertung der nötigen Konsequenzen.

Geschont wurde der Stadtchef in den Wortmeldungen aber wahrlich nicht. „Der Schaden ist angerichtet“, konstatierte Appler. Mit dem aufgeflogenen Sondervertrag samt Privilegien sei Willi den anderen Mitarbeitern der Landeshauptstadt „ins Gesicht gefahren“. FI-Gemeinderat Markus Stoll betonte, dass es weiterhin eine lückenlose Aufklärung der Vorgänge in Willis Umfeld brauche und sprach von angeblichen zwei weiteren Sonderverträgen, die Gegenstand von Untersuchungen seien. Zudem müsse wohl auch geprüft werden, ob Sittenwidrigkeit hinsichtlich eines möglicherweise verletzten Gleichheitsgrundsatzes vorliege.

SPÖ-Vorsitzender Plach will Willi rechtlich und kompetenzmäßig weiter die Daumenschrauber anziehen und „nachschärfen“, um weiteren „Missbrauch“ von vornherein zu verhindern. So sollen dem Bürgermeister die Kompetenzen, die Magistratsgeschäftsordnung zu ändern sowie Sonderverträge abzuschließen, entzogen werden.

„Georg, es ist genug. Der Rücktritt muss folgen“, ließ indes FPÖ-Vizebürgermeister Markus Lassenberger das Stadtoberhaupt wissen. Die Sondervertrag-Affäre habe alle „fassungslos gemacht“, auch seitdem sei Willi weiter uneinsichtig. Lassenberger nahm auch das Land und LH Anton Mattle (ÖVP) in die Pflicht. Dieser müsse in Innsbruck „einschreiten“.

„Das Problem ist die Führung. Willi steht für Chaos, Freunderlwirtschaft, Stadtrechtsbrüche. Er ist überfordert und nicht mehr amtsfähig. Es ist Gefahr im Verzug“, nahm „Gerechtes Innsbruck“-Gemeinderat Gerald Depaoli den Bürgermeister ins Visier. Auch er verlangte ein Einschreiten des Landes und teilte mit, dass seine Gruppierung zwei Sachverhaltsdarstellungen gegen Willi in Sachen Sondervertrag einbringen wird – eine bei der StA. Innsbruck und eine weitere bei der Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA).

Es gehe um den Verdacht der Untreue, Amtsmissbrauch und der Vorteilszuwendung. Damit liegen gegen Willi nunmehr bereits vier Sachverhaltsdarstellungen vor – auch die FPÖ sowie die Liste Fritz hatten solche bereits eingebracht.

Mayer von Liste Fritz: „Wo Willi, da ein Skandal“

„Wo Willi, da ein Skandal. Das ist der schlechteste Bürgermeister aller Zeiten“, schlussfolgerte Liste Fritz-Mandatar Thomas Mayer. Auch er forderte den Rücktritt des Stadtchefs, dieser müsse endlich in „Politpension“ gehen. Willis frühere Fraktionskollegin Marcela Duftner von „Lebenswertes Innsbruck“ – sie hatte sich mit zwei weiteren Mandataren von den Grünen abgespalten – sprach von „mit Steuergeld finanzierter Günstlingswirtschaft“ Willis. Es brauche eine transparente Politik, für die die Grünen einmal gestanden seien. „Transparenz ist auch die beste feministische Politik“, meinte sie und kritisierte in diesem Zusammenhang, Willi habe der Ex-Personalchefin einen „Bärendienst“ erwiesen.

Der grüne Bürgermeister hatte mit der Frau, als sie „nur mehr“ als Sachbearbeiterin im Rathaus tätig war, ohne Einbindung der Verwaltung einen Sondervertrag abgeschlossen, der ihr bis zur Pensionierung das Top-Gehalt einer Führungskraft zugesichert hatte.

Nach heftiger Kritik ausgehend vom Kontrollausschuss verhandelte er nach und legte erneut in Eigenregie einen Vertrag auf, der eine Reduktion der Überstundenpauschale und eine Befristung bis 2025 (bis zu diesem Zeitpunkt war sie eigentlich als Amtsvorständin bestellt) enthielt. (APA/ank)