Zuerst gab Bundeskanzler Scholz den besonnenen Zögerer, jetzt kann es ihm gar nicht schnell genug gehen: Keine drei Wochen, nachdem die deutsche Bundesregierung der Ukraine die Lieferung von 14 Leopard-2-Kampfpanzern zugesagt hat, begann am Montag bereits die Ausbildung ukrainischer Soldaten an der Panzerschule im niedersächsischen Munster. Deutschland positioniert sich immer unverkennbarer als Kriegspartei.
Wie eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums mitteilte, soll die Ausbildung zum Ende des ersten Quartals abgeschlossen sein, um auch die Übergabe der Panzerwaffen „synchronisiert“ durchführen zu können. Letzte Woche hatte der neue Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius erklärt, er erwarte von der Kampfpanzer-Lieferung an die Ukraine eine „bedeutsame Stärkung der Abwehrfähigkeit“ gegen die russischen Angreifer.
Vom Paulus zum Saulus
Nach langem Zögern war Bundeskanzler Olaf Scholz Ende Januar unter dem massiven innen- und außenpolitischen Druck, der auf ihn einprasselte, zusammengebrochen und hatte der Panzerlieferung zugestimmt. Quasi vom Paulus zum Saulus gewandelt, bildet er nun die Speerspitze der „Hilfsbereitschaft“ ohne Rücksicht auf die eigenen Konsequenzen.
Mit deutscher Gründlichkeit begann nun also bereits die Ausbildung der ukrainischen Soldaten. Der Lohn für Scholz` NATO-Gefolgschaft dürfte jedoch sein, dass Deutschland wieder einmal allein dasteht: Denn ausgerechnet die Länder, die so vehement auf deutsche Panzerlieferungen gedrängt hatten, zeigen plötzlich eine auffällige Zurückhaltung bei ihrer eigenen Lieferbereitschaft und lassen Deutschland den Vortritt: Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland halten sich nun auffällig bedeckt.
Ukraine macht Druck
Die spanische Regierung hatte etwa vollmundig angekündigt, Leopard-2-Panzer an die Ukraine liefern zu wollen – allerdings war dann das, was man abgeben wollte oder konnte, in einem derart desolaten Zustand, dass auf den Export verzichtet wurde. Seither gab es keine offiziellen Angaben mehr über konkrete Zusagen. In Medienberichten war von vier bis sechs Panzern die Rede gewesen, die aber zuerst noch „generalüberholt” werden müssten. Stattdessen will Madrid, wie die selbstlosen Deutschen, nun ebenfalls ukrainische Soldaten ausbilden.
Dies geschieht auch in Polen – das aber bezüglich der Panzerunterstützung bemerkenswerterweise ebenfalls keine genauen Angaben mehr über die Zahl der Panzer machen wollte, die es liefern möchte – obwohl das Land zuvor Deutschland am vehementesten in die „Koalition der Willigen” gedrängt hatte. Die Ukraine macht nun Druck: Der ohnehin nicht für seine Geduld bekannte ukrainische Ex-Botschafter in Deutschland und heutige Vizeaußenminister Andrij Melnyk polterte bereits: „Die Ukraine appelliert an alle Länder, die über Leopard-Kampfpanzer verfügen, unverzüglich ihren eigenen Beitrag zur Global Tank Coalition zu leisten, damit die ukrainische Armee alle besetzten Gebiete im Jahr 2023 befreien kann.“
Plötzliche Zurückhaltung bei den USA
Inzwischen ist es ironischerweise – die zuvor der Untätigkeit gescholtene – deutsche Bundesregierung, die sich mit dem Engagement der anderen Staaten unzufrieden zeigt: Man gehe davon aus, „dass die zugesagten Leopard-Lieferungen an die Ukraine zügig umgesetzt werden“, sagte ein Regierungssprecher vergangene Woche erwartungsvoll an die Adresse der Verbündeten. Doch auch der angebliche „Freund Deutschlands“ und ukrainische Hauptverbündete USA hat es auf einmal so gar nicht mehr eilig mit der Lieferung der nach langem Zögern zugesagten 31 Abrams-Panzer: Die „New York Times” hatte berichtet, dass es Monate oder sogar Jahre (!) dauern könne, bis die Panzer bereitstünden.
In der Ukraine wird man sich jedenfalls mindestens bis Jahresende gedulden müssen, bis die ersten Abrams-Kettenfahrzeuge eintreffen – weil deren Armierung mit abgereichertem Uran verstärkt ist. Dieses muss nun monatelang rückgebaut und beseitigt werden – weil man vermeiden will, dass es in russische Hände gelangt. Es könnte also passieren, dass Deutschland sich am weitesten aus dem Fenster gelehnt hat und nun als Haupttreiber der Panzeraufrüstung für die Ukraine dasteht. Entsprechend läuft das Land Gefahr, umso eher prioritäres Ziel einer russischen Antwort zu werden.
Zum Autor: Daniel Matissek ist Journalist mit pfälzischen Wurzeln, arbeitet neben für AUF1 auch für diverse deutschsprachige freie Medien (unter anderem „Journalistenwatch.com“). Gründungsherausgeber des Blogs „Ansage.org“. Schwerpunktthemen: Migrationspolitik, politischer Extremismus, Demokratie und Medienlandschaft. Freund differenzierter Zwischentöne, aber gerne auch leidenschaftlicher Polemiker. Devise: „Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos; es könnte aber auch umgekehrt sein.“
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