Reisner: Starke Gegenwehr „böse Überraschung“ für Ukrainer

Die ukrainische Gegenoffensive ist im Süden und Osten des Landes in vollem Gange. Die Verteidiger haben erste Geländegewinne zu verzeichnen. Sie stoßen aber auch auf heftige Gegenwehr der russischen Invasoren. Bundesheer-Oberst Markus Reisner spricht von einer „bösen Überraschung“ für die Ukrainer. Abseits der Front konnten sie Russland aber einen empfindlichen Schlag versetzen.

em Militärexperten zufolge konnten die russischen Streitkräfte die ukrainische Offensive stellenweise nicht nur durch den Einsatz von Artillerie und Minenfelder aufhalten, sondern setzen auch die Luftwaffe zur taktischen Unterstützung ein. „Die ukrainische Seite ist von der Verbissenheit der Russen und der Flexibilität überrascht“, so Reisner gegenüber ntv.de.

Die russischen Streitkräfte hätten ihre Taktik geändert und seien beweglicher geworden. „Sie setzen jetzt ganz kleine mobile Trupps mit Panzerabwehrlenkwaffen mit zwei Kilometer Reichweite auf Buggys ein“, erläutert der Kommandant der Garde. Diese kleinen Fahrzeuge seien kaum zu erkennen, was für die Ukraine eine „böse Überraschung“ sei.

Vorstoß bei Bachmut
Die ukrainische Armee ist bei Bachmut nach Angaben des Militärs an einigen Stellen bis zu 1,4 Kilometer vorgerückt. „Wir versuchen den Feind anzugreifen, wir machen Gegenangriffe“, sagt der Sprecher des Kommandos Ost am Samstag. Die russischen Truppen starteten ebenfalls Angriffe, hätten aber keinen Erfolg gehabt. Nach Angaben des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW) führte die Ukraine an mindestens vier Frontabschnitten Gegenangriffe durch.

Gefechte haben demnach in der Nähe der Stadt Bachmut, bei der Stadt Kreminna, im Südwesten der Region Donezk sowie im Westen der Region Saporischschja stattgefunden, hieß es im jüngsten Lagebericht vom Freitag (Ortszeit) unter Berufung auf Angaben aus Kiew, Moskau und von russischen Militärbloggern.

Rückzug durch eigene Minenfelder
Britischen Geheimdienstangaben zufolge konnten die ukrainischen Streitkräfte dabei in einigen Gebieten die erste russische Verteidigungslinie durchbrechen. Teils würden den Russen Abwehrmanöver gelingen, teils hätten sie sich „in einer Unordnung zurückgezogen“, hieß es am Samstag aus London. Demnach häufen sich Berichte über russische Verluste beim Rückzug durch ihre eigenen Minenfelder.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hielt sich Freitagnacht bedeckt, was den Fortschritt der Offensive angeht. Er habe am Freitag ein Treffen mit der Stawka, dem Oberkommando der Ukraine, abgehalten, sagte Selensykj in seiner nächtlichen Videoansprache. Es sei um „unsere Defensivhandlungen, unsere Offensivhandlungen, unsere Gewinne an den Frontlinien“ gegangen.

Zuvor hatten auch schon einige internationale Medien unter Berufung auf ukrainische Militärvertreter vermutet, dass die Aktion zur Befreiung von Russland besetzter Gebiete seit einigen Tagen laufe. Kiew selbst hält sich bedeckt, hatte allerdings auch immer betont, dass es sich nicht zum Beginn der eigenen Offensive äußern werde.

Ukraine greift in Saporischschja an

Tatsächlich toben vor allem in der Region Saporischschja und Luhansk derzeit sehr schwere Gefechte. Vor allem südlich der Stadt Orechowo und westlich von Wuhledar versuchen ukrainische Truppen derzeit offenbar vorzurücken. Auch um Bachmut gibt es weiterhin Kämpfe. Anfangs gab es erste kleinere Erfolgsmeldungen der Ukrainer, allerdings nahezu ausschließlich durch russische Kriegsblogger. Die ukrainische Militärführung hält sich weiterhin mit Informationen zum Kampfgeschehen weitgehend zurück, weshalb belastbare Informationen schwer zu bekommen sind.

Zuletzt gab es allerdings auch zahlreiche Bilder und Videos von zerstörten Panzern und Schützenpanzern des ukrainischen Militärs in den umkämpften Gebieten. Darunter befanden sich offenbar auch von Deutschland gelieferte Leopard-2-Panzer sowie US-amerikanische Schützenpanzer vom Typ Bradley. Verlässliche Angaben über Erfolge oder Rückschläge der ukrainischen Gegenoffensive gibt es derzeit nicht.

Ukraine trifft russisches Hauptquartier

Abseits der Frontlinie scheint den ukrainischen Truppen derweil ein erheblicher Schlag gegen das russische Militär gelungen zu sein. Fotos in sozialen Medien zeigen in Flammen stehende Gebäude. Dabei soll es sich um das Hauptquartier der russischen Streitkräfte im Süden der Ukraine handeln. Das befand sich lange in Cherson und wurde vor der ersten drohenden Gegenoffensive der Ukraine deutlich weiter in den Süden, nach Henitschesk verlegt. Wladimir Putin hatte das Hauptquartier erst im April besucht.