Lemke: Werden nicht so leben können wie die letzten 40 Jahre

Umweltministerin Steffi Lemke warnt vor Populismus in der Debatte um Klimaschutzmaßnahmen. Den Protest der Klimagruppe die Letzte Generation hält sie nur für bedingt sinnvoll.

m Klimaschutz die gesamte Gesellschaft mitnehmen – das betont die Politik immer wieder als Ziel, doch es scheint eine Herkules-Aufgabe zu sein. Umweltministerin Steffi Lemke hat nun vor Populismus in der Debatte um die Akzeptanz von Klimaschutzmaßnahmen gewarnt.

«Wenn Friedrich Merz sagt «Wir haben noch 20 Jahre Zeit», dann verharmlost er die Probleme, die aus den Folgen des Angriffskriegs Russlands, der Klimakrise, des Artenaussterbens oder der weltweit wachsenden Nachfrage nach Rohstoffen entstanden sind und weiter entstehen werden», sagte die Grünen-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur. «Ich kann auch all jene jungen Menschen verstehen, die vielleicht erst in einigen Jahren eine Familie gründen möchten und sich fragen, unter welchen Umständen ihre Kinder aufwachsen werden.»

Sie wisse, dass es schwierig werde, wenn es vom Bekenntnis zum Klimaschutz ans Umsetzen gehe. Besonders in den Bereichen, die den Alltag betreffen, entstünden Fragezeichen, Sorgen und Nöte. «Deshalb bin ich sehr dafür, eine sorgfältige, sachliche Debatte zu führen», sagte Lemke. «Niemand sollte sich der Versuchung des Populismus hingeben, weil man meint, kurzfristig politisch Profit daraus schlagen zu können.»

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hatte zuvor im ARD-«Morgenmagazin» gesagt, dass er auf dem Weg zur Klimaneutralität noch «die nächsten 20 Jahre Zeit» sehe. «Wir sprechen ja über Klimaneutralität bis zum Jahr 2045. Und selbstverständlich müssen wir da nicht anfangen, wir müssen da am Ziel sein.» Für die CDU sei die entscheidende Frage, wie man sich auf diesen Weg begebe. Deutschland habe bereits in den vergangenen 30 Jahren 40 Prozent CO2 eingespart.

Umweltministerin Lemke sieht da schneller Handlungsbedarf. «Wir werden in Zukunft weder so wirtschaften noch genau so leben können, wie meine Generation es in den letzten 40 Jahren getan hat – das wissen wir doch eigentlich alle. Die Frage ist, was wir mit diesem Wissen jetzt anfangen», sagte die Grünen-Politikerin. «Man kann den Kopf in den Sand stecken, man kann es populistisch ausschlachten oder man kann sagen «Ja, es wird definitiv eine Herausforderung, aber lasst es uns jetzt anpacken und alle mitnehmen».»

Das wird wohl nicht einfach: Beim Klimaschutz scheinen die Fronten oft verhärtet. Da kleben sich auf der einen Seite Klimaaktivisten auf die Straße, um den Verkehr zu blockieren. Und ihnen gegenüber stehen genervte Autofahrer, die zu spät zur Arbeit kommen.

«Ich habe Verständnis, wenn Menschen für mehr Klimaschutz demonstrieren und auch für diejenigen, die die Regierung und die Grünen kritisieren, denen es nicht schnell genug geht», sagte Lemke. «Ich mache mir aber Sorgen, dass die Aktionen der «Letzten Generation» nicht dazu führen werden, dass wir mehr Akzeptanz für Klimaschutzmaßnahmen bekommen.» Auf beiden Seiten wachse der Unmut: «Bei den Menschen, denen es zu langsam geht und bei denen, die Angst haben, dass es zu schnell geht. Das dürfen wir nicht zulassen.»

Wirtschaftsminister Robert Habeck äußerte sich ähnlich. Die Ernsthaftigkeit der radikalen Klima-Aktivisten beeindrucke ihn mehr als eine große Gleichgültigkeit, sagte der Grünen-Politiker bei einer Veranstaltung des Redaktionsnetzwerkes Deutschland (RND) in Kiel. Allerdings schaffe die Radikalisierung keine Mehrheit im Gegensatz zu den Aktionen von Fridays for Future. Habeck appellierte an die Leute: «Findet Protestformen, die Mehrheiten schaffen für euer Anliegen und zieht euch nicht in eine Nische zurück, wo ihr nur unter euresgleichen mehrheitsfähig seid.»

Die Klimagruppe Letzte Generation fällt immer wieder mit Protestaktionen – beispielsweise Blockaden des Verkehrs – in ganz Deutschland auf. Die Aktivisten und Aktivistinnen fordern ein entschiedeneres Vorgehen gegen den Klimawandel und verlangen die Einsetzung eines Gesellschaftsrats mit gelosten Mitgliedern. In den vergangenen Tagen haben sie den Protest in der Hauptstadt verstärkt.


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