„Freiheitlicher Protest“ gegen Selenskij-Auftritt im Parlament

Der ukrainische Präsident wird am Donnerstag per Video zugeschaltet. Die FPÖ sieht das als „Anschlag auf die österreichische Neutralität„.

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij wird am Donnerstag via Video-Zuschaltung im Parlament sprechen. Der virtuelle Auftritt war bereits vor einem Jahr geplant gewesen, scheiterte aber am Widerstand der FPÖ.

Nun soll die Übertragung nicht während der Plenarsitzung, sondern vorher im Rahmen einer „parlamentarischen Veranstaltung“ stattfinden. Die FPÖ warf dem Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka im Vorfeld „Taschenspielertricks“ vor, am Dienstag legte Klubchef Herbert Kickl bei einer Pressekonferenz zur „Plenarvorschau“ nach.

Für Kickl ist der Auftritt Selenskijs „von großer Tragweite und enormer Brisanz„: Es gelte, die österreichische Neutralität zu schützen und zu verteidigen, diese Aufgabe nehme nur noch seine Partei ernst. Der geplante Auftritt sei ein Beweis dafür, dass die anderen Parteien die Neutralität längst aufgegeben hätten, sagt Kickl.

„Endsieg-Rhetorik“

Eingeleitet wird dies mit allgemeiner Kritik zum Verlauf des Ukraine-Krieges: Kickl wirft jenen, die hinter der Ukraine stehen, eine „Endsieg-Rhetorik“ vor: Diese seien der Ansicht, eine Einigung um jeden Preis muss auf dem Schlachtfeld stattfinden, sagt Kickl und spricht von einer Politik der „Kriegstreiberei“. Tausende Soldaten würden auf beiden Seiten geopfert, Milliarden von Euro „sinnlos verbrannt“ und die Kluft zwischen Russland und Europa noch größer.

Protest-Aktion

Nun zum Selenskij-Auftritt: „Der Präsident einer kriegsführenden Nation wird den Nationalratssaal eines neutralen Landes als Bühne nutzen, um dort ukrainische, US-amerikanische oder NATO-Propaganda zu vertreten.“ Die Freiheitlichen sind der Ansicht, dass dies im Parlament genauso wenige etwas verloren habe wie eine Ansprache eines Vertreters Russlands oder anderer kriegsführender Länder.

Es gebe tausende Formate auf der Welt, die Selenskij nutzen könne, auch den Parteien stehe es frei, ihn einzuladen. Das Parlament sei aber nicht der richtige Rahmen – auch, wenn der Auftritt nun offiziell als „Veranstaltung“ zwischen zwei Nationalratssitzungen stattfindet.

Kickl kündigt nun einen freiheitlichen Protest an – wie dieser aussehen wird, verrät Kickl am Dienstag nicht. „Wir werden jedenfalls keine Beitragstäterschaft leisten bei diesem Anschlag auf die österreichische Neutralität.“ Der FPÖ-Chef rechnet damit, dass die Aktion „verdreht“ und der Partei Russland-Propaganda vorgeworfen wird.

Die FPÖ will im Nationalrat einen Antrag für eine Stärkung der Neutralität einbringen, dazu bräuchte es eine Verfassungsänderung.

„Akt der Solidarität“

Ende vergangener Woche erklärte Nationalratspräsident Sobotka noch, er rechne nicht mit einem „Störfeuer der FPÖ“ (siehe unten), sondern erwarte einen respektvollen Diskurs und Dialog. „Verbalangriffe“ werde er jedenfalls nicht akzeptieren, betonte er.

Gegenüber dem KURIER betont Sobotka nun erneut, dass die Rede des ukrainischen Präsidenten im Rahmen einer parlamentarischen Veranstaltung „ein Akt der Solidarität“ sei. Die Position Österreichs sei seit Beginn des Konflikts klar und unverändert: „Wir verurteilen den illegalen, ungerechtfertigten und unprovozierten russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und haben stets betont, dass Österreich zwar militärisch neutral ist, aber nicht politisch. Dieser russische Angriffskrieg ist auch ein Angriff auf demokratische Prinzipien und Werte, die es mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, zu verteidigen gilt.“

Der Ablauf

Die Veranstaltung beginnt am Donnerstag, 30. März um 9 Uhr mit den Eröffnungsworten des Nationalratspräsidenten, um 9.05 Uhr wird Selenskij zugeschaltet. Seine Rede wird rund 20 Minuten dauern.

Danach sind Wortmeldungen der einzelnen Klubs eingeplant: ein Redner pro Klub mit jeweils einer Redezeit von fünf Minuten. Selenskij ist zu diesem Zeitpunkt nicht mehr virtuell dabei. Die Abschlussworte kommen erneut von Sobotka.

Abgesehen von den Nationalratsabgeordneten werden unter anderen noch Alt-Bundespräsident Heinz Fischer (SPÖ) oder der ehemalige Nationalratspräsident Andreas Khol (ÖVP) im Auditorium sein; dazu noch der ukrainische Botschafter Wassyl Chymynez. Österreich ist mit seiner Einladung an den ukrainischen Präsidenten im Vergleich spät dran. Von den 27 EU-Staaten haben ihm bisher
24 eine Plattform gegeben, Bulgarien und Ungarn haben das bis dato abgelehnt.