„Die USA verdienen prächtig am Schlachten in Europa“

AUF1-Interview mit dem AfD-Fraktionschef im Thüringer Landtag, Björn Höcke

AUF1.INFO: Es ist fast unwirklich, aber der Ukraine-Krieg tobt nun bereits seit zwölf Monaten. Was empfinden Sie an diesem Jahrestag?

Björn Höcke: Es ist furchtbar. Ich leide wirklich mit den Menschen in der Frontregion mit. Man spricht von 200.000 jungen Männern, die bisher schon gefallen sind, auf russischer und ukrainischer Seite. Jeder Mutter und jedem Vater blutet bei dieser Vorstellung das Herz. Wenn man sich Bilder anschaut, aus der Region um Bachmut beispielsweise, das sieht es dort aus wie auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges. Wer hätte vor zwei Jahren gedacht, dass in Europa so ein industrieller Vernichtungskrieg, so ein blutiges Ringen um jeden Meter Boden noch einmal möglich sein könnte. Jetzt ist es wieder bittere Realität.

Ein großer Krieg

AUF1.INFO: Ist dieser Krieg eine Zeitenwende, wie es Kanzler Olaf Scholz genannt hat?

Björn Höcke: Natürlich ist das eine Zeitenwende. Es gab auch vorher Kriege in Europa, die wir vergessen haben. Ich denke beispielsweise an den Jugoslawien-Krieg 1999, die völkerrechtswidrige Intervention von NATO-Truppen. Jetzt haben wir einen großen Krieg in Europa, und die Gefahr besteht wirklich, dass dieser große Krieg auch zu einem Weltkrieg eskaliert. Deshalb ist es nicht nur für Europa eine Zeitenwende, sondern es kann sogar für die Weltgemeinschaft eine Zeitenwende sein. Denn die Sorge ist tatsächlich, dass die großen Mächte, vor allem China und die USA, in eine direkte Konfrontation hineingeraten. Das bahnt sich ja so allmählich an.

Deutschland müsste vermitteln

AUF1.INFO: China hat einen 12 Punkte umfassenden Friedensplan vorgelegt. Unabhängig davon, wie man einzelne Punkte bewertet, ist das jedenfalls der erste größere Versuch, ein Ende des Krieges zu vermitteln. Sehen Sie dafür angesichts der politischen und militärischen Lage noch eine reale Chance?

Björn Höcke: Ich glaube, dass es gut ist, wenn sich jetzt Mächte, die noch nicht direkt involviert sind, beteiligen und sich als Friedensvermittler versuchen. Eigentlich wäre das der historische Auftrag von Deutschland mit Blick auf die Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert. Vor allem mit Blick auf die großartige Tradition, die wir haben, mit Otto von Bismarck und dem Berliner Kongress. Eigentlich müsste Deutschland zu Friedensgesprächen einladen, aber wir werden ja von politischen Eunuchen regiert.

China hat Einfluss auf Russland. Das ist positiv und könnte dazu führen, dass auch Russland seine eigenen Kriegsziele überprüft. Jetzt fehlt noch der Einfluss auf die Ukraine. Den hat China nicht, den haben aber die USA. Die Frage ist aber: Wollen die USA überhaupt Frieden? Im Moment sieht es nicht danach aus. Die USA verdienen prächtig an diesem Schlachten in Europa. Deshalb beginnt der Frieden wohl tatsächlich mit einem Umdenken bei der US-amerikanischen Regierung.

Wird Deutschland in den Krieg gelockt?

AUF1.INFO: Deutschland wird möglicherweise in eine Rolle hineingedrängt, mit der die Bundesregierung selbst nicht gerechnet hat. Ein Beispiel: Kanzler Scholz genehmigt nach wochenlangem Druck die Lieferung von Panzern. Kaum hat er das getan, ziehen andere Staaten ihre entsprechenden Zusagen zurück. Wird Deutschland durch derartige Manöver von den Amerikanern oder dem Westen insgesamt bewusst in die Rolle der Kriegspartei hineingelockt?

Björn Höcke: Das Problem ist, dass unsere politische Elite völlig dysfunktional ist. Wir werden vielleicht nicht von Idioten regiert, aber zumindest von Menschen, die einen sehr begrenzten Bildungshorizont haben, wie man an den vielfachen Äußerungen von Annalena Baerbock unschwer ablesen kann. Das sind Menschen, die im Frieden noch Politik-Darstellung betreiben können, weil die Verwaltung das tägliche Management exekutiert. Jetzt sind wir im Ernstfall, und nun geht es wirklich um Politik. Darum, die Interessen dieses Landes zum ersten Mal zu definieren. Die Frage ist: Können diese Politiker, die von Deutschland entfremdet oder sogar gegen deutsche Interessen eingesetzt worden sind, überhaupt deutsche Interessen definieren?

Für deutsche Interessen

Das Zweite ist: Die Deutschen sind, leider, ein sehr vertrauensseliges Volk. Das ist ein Charakterzug, den wir haben und den man über die Jahrhunderte nachvollziehen kann. Und, ja, es kann gut sein, dass wir wieder an der Nase herumgeführt werden und die anderen ein abgekartetes Spiel spielen. Das ist bitter. Wir brauchen mehr Rationalität, wir brauchen deutsche Interessenpolitik und wir müssen jetzt alles tun, um die Kriegsgefahr für Deutschland zu bannen. Das muss jetzt die absolute Priorität haben.