AUF1-Interview mit dem AfD-Fraktionschef im Thüringer Landtag, Björn Höcke
AUF1.info: Herr Höcke, mit dem Satz „Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen“ haben Sie heute indirekt an den Schwur von Buchenwald erinnert (*). Wird dieses Versprechen nun gebrochen?
Höcke: Mir ist es wichtig, immer wieder daran zu erinnern. Dieser Satz spricht mir wirklich aus dem Herzen, und ich glaube, dass er der Mehrheit der Deutschen in diesen Tagen und Wochen aus dem Herzen spricht. Tatsächlich steht Deutschland in unmittelbarer Kriegsgefahr und ursächlich dafür ist ein desaströses Politikhandeln der in Deutschland Verantwortlichen.
Dieser Spruch wird in seiner Intention und seinem Auftrag von der herrschenden Politik in Deutschland mit Füßen getreten. Gerade diejenigen, die ja bei jeder Gelegenheit an die deutsche Geschichte erinnern und die Lehren aus der deutschen Geschichte beschwören, sind es, die in diesen Tagen und Wochen in unerträglicher Kriegsrhetorik eskalieren. Und deshalb noch einmal im Brustton der Überzeugung: Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen!
Ein neues Stalingrad verhindern
AUF1.info: Deutsche Geschichte heißt in diesen Tagen auch: 80 Jahre Kapitulation des Kessels von Stalingrad. Was empfinden Sie beim Gedanken an dieses Ereignis im Kontext des aktuellen Geschehens?
Höcke: Ich war heute Morgen mit meinem Kollegen, Landessprecher Stefan Möller, bei einem Gefallenen-Ehrenmal, und wir haben uns noch einmal bewusst gemacht, was damals passiert ist. Es ist ja nicht nur das Sterben, sondern das lange Leiden vor dem Tod. Viele Soldaten sind verhungert, sind erfroren in diesem extrem kalten Winter. Junge Männer; 18, 19, 20 Jahre alt. Es gibt erschütternde Zeugnisse, Briefe, die aus dem Kessel von Stalingrad über die zunächst noch funktionierende Luftbrücke in die Heimat gelangt sind. Wer sich das alles durchliest und sich dieses sinnlose Sterben bewusst macht, den ergreift es, den erschüttert es. Und der muss als Politiker alles in seiner Macht Stehende tun, um solche Schreckensszenarien zu verhindern.
Die Menschen werden aufwachen
AUF1.info: Zwischen Deutschland und Russland gab es über Jahrhunderte eine emotionale, vielleicht sogar metaphysische Verbindung, auch unabhängig von der jeweiligen Tagespolitik. Besteht die Gefahr, dass wir dieses Band jetzt zerschneiden?
Höcke: Einerseits sehe ich die Gefahr. Es ist sicherlich auch die Zielsetzung des Stellvertreterkrieges in der Ukraine, dass die Annäherung von Deutschland und Russland auf lange, lange Zeit – wenn möglich auf ewige Zeit, wenn man das so formulieren darf – unmöglich gemacht wird.
Ich habe aber trotzdem die Hoffnung, dass letztlich der gegenteilige Effekt erzeugt wird. Ich habe das gute Gefühl, dass die Menschen durch diese schlimme Situation, in die uns die deutsche Politik, die Politik der NATO und vor allem unseres großen Bruders hineinmanövriert hat, zu einem Aufwachen gebracht werden. Dass sie Fragen stellen, die sie noch vor einem Jahr nicht gestellt haben. In Anbetracht eines möglichen Atomkrieges auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland werden auf einmal Fragen gestellt, die noch vor einem Jahr völlig unmöglich waren.
Partner in der Seele
Auch greift die Überlegung immer weiter Raum: Wie könnte eine europäische Friedensordnung aussehen? Natürlich muss eine europäische Friedensordnung mit Russland gedacht werden, was denn sonst? Das deutsche Volk und das russische Volk sind Partner in der Seele und können Partner auch im politischen und wirtschaftlichen Leben sein. Dort muss die politische Reise Deutschlands hingehen. Das heißt nicht, dass wir uns vom Westen abkoppeln. Wir sind immer ein Land der Mitte gewesen. Wir müssen Brücken bauen zwischen West und Ost, das ist unser historischer Auftrag. Ich bin zuversichtlich, dass diese Krise auch gemeistert werden kann und ein neues, ein souveränes Deutschland sich Russland wieder zuwenden wird.
Grüne Kriegstreiber
AUF1.info: Brauchen wir jetzt eine überparteiliche, auch überideologische Friedensbewegung?
Höcke: Unbedingt. Das ist ein Thema, dass ich in den letzten Tagen mit meinen Weggefährten rauf und runter diskutiert habe. Wir brauchen eine neue überparteiliche Friedensbewegung wie in den 80er Jahren. Parteigrenzen dürfen keine Rolle mehr spielen. Ich habe heute die Grünen in meiner Rede sehr stark angegriffen. Sie sind die Kriegstreiberpartei Nummer 1. Aber es gibt auch in diesen Parteien, die im Moment in schlimmer Art und Weise Politik gegen deutsche Interessen machen, immer noch Stimmen der Vernunft. Aber die müssen jetzt auch mutig sein, müssen jetzt rauskommen und ihre Stimme auch erheben.
Das wäre mein Appell. Wir als AfD sind bereit für diesen Brückenschlag, sind bereit für diesen Schulterschluss über die Parteigrenzen hinweg. Die Partei ist nur Mittel zum Zweck. Das große Ziel ist jetzt, den Frieden zu bewahren und Deutschland zu einer Friedensmacht zu machen.
(*) Auf einer Friedenskundgebung am 1. Februar vor dem Thüringer Landtag in Erfurt. Der Ursprung des Satzes „Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen“ ist ungeklärt. Er wird gemeinhin mit dem Schwur von Buchenwald in Verbindung gebracht, ist dort aber nicht wörtlich enthalten.
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