Flüchtlingskrise: Geheimbericht belegt Mißstände im Innenministerium

„Fass ohne Boden“-Leak: Ein düsterer Bericht aus dem Jahr 2015 mit dem Titel „Konzept für umfassende Grenzkontrolle“ an das Innenministerium belegt, dass „flächendeckende Grenzkontrollen faktisch nicht umsetzbar“ waren. Das Innenministerium hat zum damaligen Zeitpunkt kapituliert. Gezeichnet hat das Dokument der frühere Landespolizeidirektor und heutige Landeshauptmann des Burgenlandes, Hans-Peter Doskozil (SPÖ). Zur Erinnerung: 2015 war Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) Innenministerin, die heutige Landeshauptfrau von Niederösterreich. Und die Inhalte des Berichts haben es in sich. Das Konzept beschreibt die apokalyptischen Zustände im Detail. Besonders brisant: Der Bericht wurde bewusst der Bevölkerung vorenthalten.

„Flächendeckende Grenzkontrollen nicht umsetzbar“

Der Referent des Büros „Organisation, Strategie und Dienstvollzug“ beschreibt am 2. Oktober 2015 das „Vorab-Resümee“ wie folgt: „Eine flächendeckende Grenzkontrolle im Sinne der Kärntner Zielrichtung ist im Burgenland unter Einhaltung der Verhältnismäßigkeit faktisch nicht umsetzbar.“

Migrationsdruck: „Zurückweisungen nicht durchsetzbar“

Der Bericht deckt schonungslos auf, in welcher Schockstarre sich die Exekutive im Burgenland befunden hat. Die Analyse ist erbarmungslos: „Faktisch auf Grund des Migrationsdruckes, dass Flüchtlinge jedenfalls die österreichisch-ungarische Grenze überschreiten wollen, ist die Zurückweisung unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit nicht durchsetzbar, und rechtlich im Wissen, dass es sich bei den Betroffen durchwegs um Flüchtlinge handelt, höchst bedenklich.“

Registrierung: Personalbedarf explodiert

Warum das Innenministerium keine Maßnahmen zur Vorbereitung getroffen hat, belegt die Ohnmacht im Innenministerium. „Um die große Anzahl (5-7000 täglich) von Flüchtlingen „registrieren“ zu können, wären beispielsweise umfangreiche Vorbereitungen (z.B. Schaffung von 20 „Aufnahmestraßen“ mit je 40 Arbeitsplätzen und mindestens je 40 Sicherungskräften x 4 für einen 24/7 Betrieb in ganz Österreich) notwendig und möglich.“

Bundesheer kann die Grenze nicht sichern

Besonders prekär ist die Analyse im Hinblick auf eine mögliche Unterstützung durch das Verteidigungsministerium. „Abhaltung (grüne Grenze): Knapp 400 Kilometer grüne Grenze können auch mit massivem Bundesheereinsatz (im Sinne der Verhältnismäßigkeit) nicht ausreichend gesichert werden.“

Asylprognosen „bewusst nicht gemacht“

Besonders düster erscheint die nachfolgende Passage im Dokument: „Prognosen über mögliche Entwicklungen bei den Asylantragszahlen werden bewusst nicht gemacht.“

Knapp 100.000 Flüchtlinge in zwei Wochen

Der Referent nennt in seinem „Konzept“ auch die genauen Zahlen zu Beginn der Flüchtlingskrise. „Seit Einführung der Grenzkontrolle am 16.09.2015 bis 01.10.2015 haben insgesamt 99.104 uaF („Flüchtlinge“) die Grenze von Ungarn nach Österreich passiert (der Großteil via Nickelsdorf).“ Binnen vier Wochen „haben ca. 178.000 Flüchtlinge die Grenze in Nickelsdorf, von Ungarn kommend, überquert.“
Der Bericht lässt aber auch die Kommunikation der Motive von Flüchtlingen in einem anderen Licht erscheinen: „Es handelt sich dabei nicht nur um syrische Kriegsflüchtlinge, sondern um Flüchtlinge unterschiedlicher (teilweise verfeindeter) Ethnien, Herkunft und Einreisemotivation.“

Wasserwerfer sind „zwecklos“

So heißt es im Bericht auch: „Die oa. geschilderten Szenarien wurden bislang geduldet, um größere Ausschreitungen und den unmittelbaren (aussichtslosen) Einsatz unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt zu verhindern (Beispiel Ungarn: Wasserwerfer und andere Einsatzmittel erwiesen sich als zwecklos, Änderung der Reiseroute mit den bekannten Auswirkungen!).“

Fazit: „Grenzkontrollen sind wirkungslos“

„Die angeordneten Grenzkontrollen sind einerseits wirkungslos und sind für die betroffene Bevölkerung völlig unverständlich: Kontrollen auf der A4 verursachen kilometerlange Rückstaus, während tausende Menschen auf der daneben liegenden Bundesstraße illegal ins Land einreisen.“

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Kommentare

Eine Antwort zu „Flüchtlingskrise: Geheimbericht belegt Mißstände im Innenministerium“

  1. Bezüglich Grenz-Kontrollen sagte der Ex-CIA Robert D. Steele:

    „You need not shoot them all – just the first ones, that climb over the fence, all the others would run away frightened to death“.

    Bei uns bekommen die „first ones“ einen Platz im Autobus nach Wien 🙁

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