Ein Schnellschuss gegen Trump

Die abgewählte Demokraten-Mehrheit wollte Donald Trump noch schnell einen Tritt verpassen und beschloss die Veröffentlichung seiner Steuerakten.

Das könnte sich rächen.

Donald Trump hat die Amerikaner getäuscht. Vor seiner Wahl zum Präsidenten hatte er ihnen versprochen, dass er zwar nicht wie üblich als Kandidat, aber spätestens nach einem Wahlsieg seine Steuererklärungen veröffentlichen werde. Als er dann, wohl zu seiner eigenen Überraschung, tatsächlich gewonnen hatte, wollte er davon nichts mehr wissen. Die Leute interessierten sich nicht für seine Steuererklärungen, behauptete Trump lapidar.

Dabei war gerade Trump ein Kandidat und ein Präsident, bei dem Transparenz geboten gewesen wäre. Er hatte sich den Wählern als Self-made-Milliardär empfohlen, der seine vermeintlich magischen Kräfte bei der Vermehrung seines Vermögens künftig in den Dienst der Nation stellen werde. Aber es gab und gibt erhebliche Zweifel daran, dass Trump auch nur annähernd so reich ist, wie er vorgibt.

Manche mochten sich bei einem Kandidaten, der nie zuvor ein öffentliches Amt innehatte, überdies gefragt haben, ob er denn wenigstens als Steuerzahler seinen Beitrag zum großen Ganzen geleistet habe. Bei Trumps Wählern allerdings verfing eher seine Lesart, dass nur ein gewiefter Geschäftsmann wie er, der alle (Steuerspar-)Tricks kenne, „das System reparieren“ könne.

Diente Trumps Steuerreform privaten Zwecken?

Zu den wenigen großen Gesetzen, welche die Republikaner zu Trumps Amtszeit durchsetzen konnten, zählt eine große Steuerreform. Hat er sie so zuschneiden lassen, dass er persönlich davon profitiert? Auch auf diese Frage darauf gab es bisher keine verlässliche Antwort. Außerdem war Trump als Geschäftsmann international tätig, aber der Kongress und das Volk konnten immer nur raten, ob auch seine Außenpolitik zum Teil oder gar hauptsächlich dem Zweck diente, sein privates Vermögen zu mehren.

Nun hat ein Kongressausschuss entschieden, Trumps Steuererklärungen von 2015 bis 2020 in den kommenden Tagen zu veröffentlichen. Auf einige (nicht alle!) der drängenden Fragen rund um Trumps Finanzen könnte es bald also Antworten geben. Trotzdem ist die beispiellose Entscheidung des Ausschusses fragwürdig. Es ist eben nur eine Tradition und keine gesetzliche Pflicht, dass Präsidentschaftskandidaten ihre Steuererklärungen veröffentlichen – vergleichbar der Übung, dass Kandidaten für das Weiße Haus ihre Krankenakten offenlegen, um etwaige Zweifel an ihrer geistigen und körperlichen Leistungsfähigkeit auszuräumen. Kein Gericht und kein Parlament sollte derlei Traditionen in eine De-facto-Pflicht verwandeln. Die Wähler können sich ja transparenteren Kandidaten zuwenden, wenn ihnen der Einblick wichtig ist.

Der Ausschuss hatte die Akten nach langem Rechtsstreit durch alle Instanzen nur deshalb erhalten, weil er vorgab, im Rahmen seiner Aufsichtspflicht das System der Bundessteuerbehörde zur Überprüfung amtierender Präsidenten kontrollieren zu wollen. Nach dem, was bisher bekannt geworden ist, spricht einiges dafür, dass die Trumps Finanzminister Steven Mnuchin unterstehende Behörde den damaligen Präsidenten in Ruhe ließ, ehe die Demokraten 2018 die Mehrheit im Repräsentantenhaus errangen und Nachforschungen anstellten. Das mag eine Pflichtverletzung gewesen sein. Es ist bisher aber nicht ersichtlich, warum zur Überarbeitung der Verfahren in der Steuerbehörde die Veröffentlichung der Akten notwendig ist.

Nur mit den Stimmen der Demokraten

Die Sache hat auch deshalb einen bitteren Beigeschmack, weil sie so hastig kurz nach Erhalt der Dokumente beschlossen wurde – und das nur mit den Stimmen der Demokraten im Ausschuss. Die haben bei der Kongresswahl im November ihre Mehrheit verloren und hatten deshalb keine Zeit für eine gründlichere Erörterung. Anfang Januar konstituiert sich der neue Kongress, und ab dann hat Trumps Partei das Sagen. Deshalb also bekommt es die Nation noch dieses Jahr schwarz auf weiß, dass Donald und Melania Trump zwischen 2015 und 2020 aufgrund von Abschreibungen in vier Jahren ein negatives Einkommen meldeten, also keine Bundeseinkommensteuer bezahlten – in einem anderen Jahr dafür gut eine Million Dollar.

Solange das auf legale Abschreibungen zurückgeht, ist selbst die politische Brisanz überschaubar. Man muss trotzdem nicht in Trumps Lamento von der Hexenjagd einstimmen. Der Untersuchungsausschuss zum Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 etwa, der an diesem Mittwoch seinen Abschlussbericht veröffentlichen will, hat wesentlich gründlicher gearbeitet und seine Vorwürfe mit umfassendem Beweismaterial unterfüttert. Vielleicht aber finden sich auch in den Steuerakten noch Überraschungen, die den Schritt der demokratischen Abgeordneten in einem anderen Licht erscheinen lassen.

Die Demokraten müssen davon ausgehen, dass die Republikaner schon Rachepläne schmieden. Auch sie werden Vorwände finden, um (Steuer-)Dokumente ihrer politischen Gegner zu veröffentlichen. Der politischen Kultur könnte die Ausschussmehrheit insofern einen Bärendienst erwiesen haben. Und im beschwerlichen Kampf um die Köpfe und Herzen der Amerikaner, die sich von Trump in einen Abgrund aus Verschwörungstheorien ziehen ließen, könnte ihr Schnellschuss erst recht nach hinten losgehen.


Kommentare

Eine Antwort zu „Ein Schnellschuss gegen Trump“

  1. Da würde ich drauf wetten, daß Trump letztlich den Spieß umdrehen und gegen die Dems richten wird.

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