Man ist fassungslos. Seit fast einem halben Jahr wird das Thema „Krieg gegen Russland“ auf allen möglichen Medien gespielt. Ungeachtet der Tatsache, dass der weitaus größte Teil der Deutschen sowas von überhaupt keinen Wunsch danach hat, – und auch keine Notwendigkeit sieht – in einen Waffengang mit Russland einzutreten. Diejenigen von uns, die die Explosion von Nordstream 2 schon als das ansahen, was sie offensichtlich war, nämlich der Auftakt zu einer harten Konfrontation der USA mit Russland, wurden (mal wieder) als Verschwörungstheoretiker und Schwurbler gebrandmarkt. Und nun wird es sogar aus berufenem Munde verkündet: Deutschland muss sich auf einen Krieg vorbereiten. Gegen wen ist klar.
Der 3. Weltkrieg wird uns mit Salami-Technik nahegebracht
Aus allen möglichen Ecken werden wir nun mit den vorher ausgemachten Formulierungen beschallt: Verteidigungsminister Boris Pistorius redet davon, das Deutschland „kriegstüchtig werden muss“ und dann kamen sofort die Diskussionen um die Wehrpflicht. Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln: Zuerst Wehrpflicht muss kommen, dann nur freiwillig, dann eine allgemeine Wehrpflicht, dann wieder nicht, dann aber werweiß-vielleicht-doch … Eine ausgeklügelte Methode, die Bevölkerung zwischen Aufregung, Entspannung und Ungewissheit hin- und her zu scheuchen, bis keiner mehr wusste, was nun Stand der Dinge war und es auch nicht mehr wissen wollte.
Annika Hoberg hat recht. Im Schatten der Fußball-Europameisterschaft wurde die Vorstellung des Operationsplans Deutschland durch Generalleutnant André Bodemann, Befehlshaber des territorialen Führungskommandos der Bundeswehr, ganz freundlich und verbindlich auf n‑tv vorgestellt und es erfolgte … kaum Reaktion. Brot und Spiele dienten schon immer der Ablenkung, und es funktioniert schon wieder.
Ab 2025 soll der „uns alle betreffende“ Operationsplan Deutschland in Kraft treten. Was natürlich, wenn es ja uns alle betrifft, alle Optionen offenlässt. Womit müssen wir rechnen? Eine Kriegsabgabe vom Geldvermögen eines jeden Bürgers? Einziehen der Reservisten und der wehrfähigen Männer? Zurückholen und Verpflichtung von Gesundheitspersonal aus der Rente? Beschlagnahmung von Technik und Fahrzeugen? Was meint er mit „es geht uns alle an“?
Wie kann man von einem bald bevorstehenden Krieg reden, ohne das Wort zu benutzen? Generalleutnant André Bodemann kann’s: „Wir befinden uns nach meiner Auffassung schon lange nicht mehr im Frieden“. Genial. Jeder kann das heraushören, was er will.
Es werden vermutete Kriegs-und Überfallpläne Russlands verbreitet – Orban versucht, Frieden zu stiften
Und die Medien eskortieren die indirekte Kriegspropaganda. N‑tv unterfüttert den „schon-lange-nicht-mehr-Frieden“ mit konstruierten Szenarien, wie hier einen zu erwarteten Einmarsch „Putins“ in das Baltikum. Voller Begriffen, wie „könnte“ und „möglicherweise“ wird hier ein Kriegs-Inferno herbeivermutet. Glaubwürdigkeit soll das NATO-Kompasskreuz unten links in den Karten erzeugen.
Zu behaupten, wie in dem verlinkten n‑tv-Video, dass der Einmarsch der Russen in den Donbass mit einer „angeblicher Unterdrückung“ der russischen Bevölkerungsanteile begründet wurde, ist schon eine sehr unfaire Darstellung. Wer die Vorgänge nach dem Euromaidan im Donbass kennt, weiß, was die Wahrheit ist.
Ebenfalls interessant: Hier wird in der Dokumentation ein solches Kriegsszenario mit Berufung auf eine Simulation und Analyse der RAND-Corporation gestützt. „Die RAND Corporation ist ein Think Tank in den USA, der nach Ende des Zweiten Weltkriegs gegründet wurde, um die Streitkräfte der USA zu beraten“ und „um die militärische Planung besser mit den Forschungs- und Entwicklungsentscheidungen zu verknüpfen.“
Im Mai 2019 erstellte diese RAND Corporation einen Bericht, wie man in einem neuen „kalten Krieg“ Russland zerstören könne. Der Beitrag auf Voltairenet.org ist äußerst lesenswert. Doch im Februar 2023 kam dieselbe RAND Corporation bereits zu dem Schluss, dass keine der beiden Seiten den Krieg in der Ukraine gewinnen kann. Die Berliner Zeitung ist eines der wenigen Mainstreammedien, die sich offen an solche Themen wagen. Michael Maier legt die schonungslose, militärische RAND-Analyse sehr gut dar und zeigt auf, dass das Ergebnis all dessen die Erkenntnis war, dass ein langer Krieg zwischen Russland und der Ukraine für die US-Interessen mehr Nachteile als Vorteile bringt. Und dennoch versucht es die USA immer noch auf Biegen und Brechen. Obwohl der Ukrainekrieg für den Westen so gut wie verloren ist.
Aber die neue Friedensinitiative von Ungarns Regierungschef Viktor Orban, die in Moskau auf Gehör stößt nimmt weitgehend das auf, was die RAND Corporation schon 2023 empfahl:
„Im Ergebnis sieht die Analyse zunächst einen Waffenstillstand und schließlich ein Abkommen zwischen den Kriegsparteien als die für die US-Interessen vorteilhafteste Lösung. Nachdem ein „absoluter Sieg“ einer der Parteien sehr unwahrscheinlich sei, sollten die aktuellen Frontlinien eingefroren werden. RAND ist der Auffassung, dass eine realistische Frontline jene vom Dezember 2022 sei, bei der Russland über etwa 20 Prozent des ukrainischen Territoriums bestimmen würde.
Eine Rückkehr zu den Grenzen von vor dem russischen Angriff am 24. Februar hält RAND für nicht erstrebenswert, weil die Ukraine dann immer noch Gebiete verliert, jedoch keine Stabilität gewinnen würde. Die Grenze, die nach einem Waffenstillstand gezogen würde, werde „eine stark militarisierte Grenze“ nach dem Vorbild „der innerdeutschen Grenze während des Kalten Krieges sein“.
Präsident Putin hat Orban als EU-Vermittler akzeptiert und es scheint, als gehe Putin auf die Vorschläge ein. Sein Satz „Ich verstehe es so, dass er nicht nur als unser Partner, sondern auch als Vertreter der EU-Ratspräsidentschaft hierher gekommen ist“ ist mit Sicherheit nicht aus der Luft gegriffen.
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