Auch Ungarn will EU-Asylregeln aushebeln

Freiwillige bewachen mit Migrationspatrouillen die ungarisch-slowakische Grenze.

Nachdem die rechtsgerichtete Regierung der Niederlande einen Ausstieg aus den EU-Asylregeln in Brüssel beantragt hat, zieht Ungarn nach. Der Budapester Europa-Minister kündigt ein hartes Vorgehen an. Erfolgversprechend ist der Ausbruchsversuch der beiden Länder allerdings nicht.

Ungarn will wie die Niederlande aus den Asylregeln der Europäischen Union aussteigen. Das kündigte Ungarns Europaminister Janos Boka an. „Gegen illegale Migration ist hartes Vorgehen notwendig“, schrieb er auf X. Deswegen wolle Budapest einen Ausstieg aus diesen Regeln beantragen, falls eine Änderung der EU-Verträge dies zuließe.

Zuvor hatten die Niederlande bei der EU-Kommission den Ausstieg aus den EU-Asylregeln beantragt. Der Rechtspopulist Geert Wilders, der mit seiner radikal-rechten Partei für die Freiheit (PVV) erstmals in der Regierungskoalition sitzt, sprach von einem wichtigen Signal, „dass ein neuer Wind weht in den Niederlanden“. „Dies ist ein Mini-Nexit“, sagte Wilders im Parlament in Den Haag. Der Austritt der Niederlande aus der EU, der sogenannte Nexit, war lange eine Forderung von Wilders. Er hatte sie aber vor der Beteiligung an der Regierung auf Eis gelegt.

Orban im Dauerstreit mit Brüssel

Dass die Niederlande und Ungarn Erfolg haben werden, ist unwahrscheinlich. Einer solchen Ausnahme müssen in der Regel alle 27 EU-Staaten zustimmen. Außerdem haben sich die EU-Länder bereits auf eine neue Asylreform geeinigt und müssen diese nun umsetzen. Eine Sprecherin der EU-Kommission bestätigte den Eingang des Antrags. Ein Opt-Out sei jedoch nur durch Änderungen der Verträge möglich. „In diesem Zusammenhang erwarten wir keine unmittelbaren Änderungen an den EU-Vorschriften zu Asyl und Migration“, sagte die Sprecherin. Die Vorschriften seien weiterhin für die Niederlande verbindlich.

Ungarns rechtspopulistische Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban betreibt seit Jahren eine Politik gegen Migranten und liegt deswegen mit der EU-Kommission im Dauerstreit. Aktuell weigert sich Budapest, ein vom Europäischen Gerichtshof wegen seiner restriktiven Asylpolitik verhängtes Zwangsgeld von 200 Millionen Euro zu bezahlen. Die EU-Kommission will das Geld deshalb von künftigen EU-Zahlungen an Ungarn abziehen.

EU-Kommission will Zahlungen an Ungarn kürzen

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban bei einem EU-Gipfel im April in Brüssel.

Der Europäische Gerichtshof verurteilt Ungarn wegen Verstößen gegen das EU-Asylrecht zu einer Millionenstrafe. Die Frist ist inzwischen abgelaufen. Brüssel will das Geld jetzt von Zahlungen an Budapest abziehen. Auch der Verzug wird bestraft.

Weil Ungarn eine 200-Millionen-Euro-Strafe nicht bezahlt hat, will die Europäische Kommission das Geld von künftigen EU-Zahlungen an Budapest abziehen. Die Strafe war im Juni vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) wegen Verstößen der Regierung in Budapest gegen das EU-Asylrecht verhängt worden. Die 15-tägige Frist für Ungarn, die 200 Millionen Euro zu bezahlen, sei am gestrigen Dienstag abgelaufen, sagte ein Kommissionssprecher. Daher werde ein sogenanntes Ausgleichsverfahren eingeleitet. „Wir werden nun die 200 Millionen Euro von bevorstehenden Zahlungen aus dem EU-Haushalt an Ungarn abziehen.“

Der EuGH hatte im Sommer eine außergewöhnlich schwere Verletzung von EU-Recht seitens der Regierung des konservativen Regierungschefs Viktor Orban festgestellt. Der EuGH hatte auch schon in früheren Urteilen wesentliche Teile des ungarischen Asylsystems für rechtswidrig erklärt. Auch die Europäische Kommission wirft Ungarn seit Jahren vor, EU-Standards und Grundwerte zu missachten und fror deswegen schon Fördermittel in Milliardenhöhe für das Land ein.

Zudem muss Ungarn nach einer Entscheidung des EuGH ein tägliches Zwangsgeld von einer Million Euro für jeden Tag Verzug zahlen. Die Strafe war Budapest vor mehr als 90 Tagen auferlegt worden. Ein Sprecher der EU-Kommission sagte, die Kommission habe Ungarn aufgefordert, das Zwangsgeld zu zahlen. Dafür hätten die ungarischen Behörden nun 45 Tage Zeit.

Budapest drohte Brüssel

Nach dem Urteil des EuGH hatte Budapest damit gedroht, Flüchtlinge und Migranten nach Brüssel zu bringen. „Wenn Brüssel die Migranten haben will, dann soll es sie bekommen“, sagte der ungarische Kanzleramtsminister Gergely Gulyas, ein enger Mitarbeiter Orbans. Gulyas bezeichnete die durch dieses Urteil entstandene Situation als „inakzeptabel, intolerabel und würdelos“. Ungarn hoffe, die Lage durch Verhandlungen mit der EU-Kommission bereinigen zu können.

Außerdem erwäge sein Land, die EU auf dem Prozessweg dazu zu bringen, sich an den Kosten zu beteiligen, die Ungarn durch den aufwendigen Schutz seiner Grenzen gegen irreguläre Migranten habe, sagte er weiter. Im Sommer 2015 hatte Ungarn inmitten der Flüchtlingskrise Stacheldrahtzäune an seinen Grenzen zu Serbien und Kroatien errichtet. Dadurch kamen nur noch wenige irreguläre Migranten über die Balkan-Route in das Land.


Kommentare

Eine Antwort zu „Auch Ungarn will EU-Asylregeln aushebeln“

  1. Brüssel (die EU) ist der Tod Europas !

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