Die Deutsche, die der KI das Sehen beibrachte

Die deutsche Informatikerin Cordelia Schmid arbeitet seit 1993 an Algorithmen, die Computer erkennen lassen, was ein Bild zeigt. Die Potenziale der Technologie sind grenzenlos, glaubt die Pionierin. Aber ein Problem bleibt.

München. Wenn ein modernes, mit Sensoren bestücktes Auto ohne Zutun des Fahrers vor einem Fußgänger bremst, ist das zum Großteil einer 56-jährigen Mainzerin zu verdanken. „Als ich angefangen habe, war es für Computer schwierig, in einem Bild einen Würfel als solchen zu erkennen“, sagt Cordelia Schmid. Das war 1993. Seitdem forscht die Informatikerin daran, Maschinen derart zu Künstlicher Intelligenz zu verhelfen, dass diese selbstständig erkennen, was auf einem Bild dargestellt ist. „Man kann das auch auf dreidimensionales Sehen ausweiten“, sagt Schmid zu den von ihr und ihren Teams entwickelten Algorithmen. Dafür wurde sie 2024 für den Europäischen Erfinderpreis nominiert, den das Europäische Patentamt im Juli vergibt.

Der Preis nimmt für sich in Anspruch, Forscherinnen und Forscher auszuzeichnen, die Lösungen für die größten Herausforderungen unserer Zeit gefunden haben und durch ihre Erfindungen tiefgreifende gesellschaftliche Entwicklungen auslösen. „Unsere Algorithmen können in vielen Bereichen von autonom fahrenden Autos über Serviceroboter bis zur Medizintechnik Verbesserungen für viele Menschen erreichen“, sagt Schmid. Zugleich ist die Pionierin des maschinellen Sehens überzeugt, dass man mit den Anwendungen, die ihre Algorithmen erlauben, mehr oder weniger noch am Anfang steht.

Nicht mehr unrealistisch: Blinde Menschen könnten eines Tages maschinell sehen

Darüber, wohin das alles noch führen kann und wie schnell, will sie zwar nicht spekulieren. Nur so viel: Dass blinde Menschen eines Tages maschinell sehend durch die Welt navigieren, ist aus ihrer Sicht kein unrealistischer Traum mehr.

Warum Voraussagen trotz aller Erfolge schwierig sind, erklärt die Forscherin am Beispiel des autonomen Fahrens. Ziel ist es, dass Autos nicht einmal mehr ein Lenkrad benötigen, weil algorithmusbasierte KI jede Fahrsituation sicher beherrscht. „Dazu braucht es in Echtzeit 100 Prozent Zuverlässigkeit“, erklärt Schmid. Zwar machten auch menschliche Fahrer Fehler, einem selbstfahrenden Auto aber würden die nicht zugestanden. An den 100 Prozent sei man schon nahe dran, habe sie aber eben noch nicht ganz erreicht.


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