Pfizergate: Gerichtliche Untersuchungen gegen von der Leyen vorläufig eingestellt

Das derzeit zuständige Gericht im belgischen Lüttich will erst im Dezember bekannt geben, wer die weiteren Ermittlungen gegen von der Leyen übernehmen soll. Die Justiz will abwarten, ob von der Leyen ihr Ziel erreicht, erneut EU-Chefin zu werden.

Ein belgisches Gericht in Lüttich musste am 17. Mai 2024 bei einer Anhörung darüber entscheiden, ob die belgische oder die Europäische Staatsanwaltschaft (EuStA, auch EPPO) für die weitere Untersuchung der Pfizergate-Affäre zuständig ist, in die Ursula von der Leyen verwickelt ist. Das Urteil: Die Untersuchung wird bis Dezember ausgesetzt. Man wolle abwarten, ob es von der Leyen gelinge, erneut EU-Chefin zu werden.

Der Hintergrund: Wie viele Medien weltweit berichteten, hat von der Leyen im Frühjahr 2021 mit dem CEO von Pfizer, Albert Bourla, einen Vertrag über 1,8 Milliarden Covid-19-Impfdosen ausgehandelt und damit die Anzahl der von der EU gekauften «Impfstoff»-Dosen auf etwa zehn pro Bürger erhöht (hier, hier und hier).

Der Vorwurf: Den Deal fädelte von der Leyen per Textnachrichten ein, das Verhandlungsteam für die Beschaffung der experimentellen Präparate ließ sie dabei links liegen, der Preis der Dosen wurde erheblich erhöht und erstmal verheimlicht. Aber offensichtlich geht es um eine Summe von 35 Milliarden Euro.

Trotzdem haben sich von der Leyen und die EU geweigert, die brisanten SMS freizugeben. Von der Leyen behauptet obendrein, der Kauf der «lebensrettenden Impfstoff-Dosen» sei von den Mitgliedstaaten genehmigt worden, wie der Deutschlandfunk informierte.

Die Justizbehörden im Lüttich hatten die Ermittlungen Anfang 2023 aufgrund einer Strafanzeige des lokalen Lobbyisten Frédéric Baldan eingeleitet. In den vergangenen Monaten hatte die EuStA die Untersuchungen übernommen. Diese kümmert sich um Finanzdelikte, dazu gehören verschiedene Arten von Betrug, Geldwäsche oder Korruption, die den EU-Haushalt schädigen, länderübergreifend sind oder das Ansehen der EU-Institutionen und das Vertrauen der Bürger beeinträchtigen können.

Doch die EU-Vorschriften besagen auch, dass im Falle eines Zuständigkeitsstreits mit einem Mitgliedstaat «die zuständigen nationalen Behörden über die Zuweisung der Zuständigkeit entscheiden sollten». Das jedenfalls verkündete das Portal Euractiv Ende April 2024. Und in diesem Fall war der belgische Ermittlungsrichter nicht damit einverstanden, dass die EuStA den Fall übernimmt. Stattdessen sprach er sich dafür aus, den Fall in belgischer Hand zu behalten.

Das Gericht musste am Freitag also beurteilen, ob das Ersuchen der Europäischen Staatsanwaltschaft, den Fall zu übernehmen, rechtmäßig ist und ob die vom belgischen Ermittlungsrichter eingeleitete Untersuchung eingestellt oder fortgesetzt werden sollte. Während der Anhörung musste die EuStA deshalb ihre Anklageschrift vorlegen und begründen, warum sie mit den Ermittlungen betraut werden sollte.

Nun hat das belgische Gericht entschieden, dass die Ermittlungen gegen von der Leyen vorläufig ausgesetzt werden, bis klar ist, ob sie ihr Ziel erreichen wird, erneut Chefin der EU-Kommission zu werden. Ob der Fall weitergeführt und wer dann mit den Untersuchungen beauftragt wird, werden wir somit erst im Dezember erfahren.

Auffällig: Die deutschen Mainstream-Medien, die sich in den vergangenen Tagen kollektiv mit dem «vermeintlichen» Korruptionsfall von der Leyen beschäftigten, schweigen sich zur Entscheidung des Lütticher Gerichts derzeit noch aus. Allerdings informierte die spanische Tageszeitung El Pais darüber. Der Artikel wurde hinter der Bezahlschranke versteckt. Alle anderen spanischen Leitmedien folgen dem Beispiel ihrer deutschen Kollegen: Noch herrscht Schweigen im Walde.