Grüne Kriegstrommeln

(von Theo-Paul Löwengrub)

Grüner Jubel im Atomblitz (Netzfund)

Obwohl laut Umfragen die Grünen die Partei sind, deren Anhänger mit Abstand am wenigsten bereit wären, ihr Land mit der Waffe zu verteidigen, wenn es hart auf hart käme, sind ausgerechnet hier die meisten Mitglieder und Funktionäre Feuer & Flamme, just ein solches Szenario immer wahrscheinlicher werden zu lassen. Vor allem von den Grünen wird immer dreisterer Druck auf Olaf Scholz und die SPD ausgeübt, die Taurus-Waffenlieferungen endlich zu bewilligen. Noch halten der Kanzler und neuerdings auch Verteidigungsminister Pistorius an ihrem Nein fest – doch wie lange noch, ist die Frage.  Sogar die bislang bislang nicht auf Linie von Strack-Zimmermann laufenden Teile der FDP sind inzwischen voll auf Kriegstreiber-Kurs umgeschwenkt. Und natürlich passt auch hier wieder zwischen Grünen und der Service-Opposition CDU, deren zeitgeistprostituierender Führungsflügel immer ungenierter mit den Ökosozialisten als Wunschkoalitionspartner kokettiert, inhaltlich kein Blatt: Am Dienstag erst wieder durfte CDU- „Verteidigungsexperte“ Roderich Kiesewetter bei Markus Lanz im ZDF seine gemeingefährliche Anti-Russland-Kriegsrhetorik abspulen.

Wenn der Kanzler will, dass die Krim wieder befreit wird, also Putin wackelt, dann muss er der Lieferung von Taurus zustimmen. Und genau das macht er nicht, und das bringt Frau Strack-Zimmermann und Toni Hofreiter auf die Palme. Und mich auch!“, schwafelte Kiesewetter, an dessen Verstand man mittlerweile zweifeln muss. Er fügte auch sein Mantra hinzu: „Die Ukraine muss befähigt werden, den Krieg nach Russland zu tragen.“ Dort will Kiesewetter das „Kriegsministerium oder das Geheimdienstministerium“ angreifen, um „der russischen Bevölkerung klarzumachen, dass sie die Aggressoren sind“. Nicht einmal die fremdschamwürdigen Widersprüche und Verhaspeler dieses völlig verrannten Scharfmachers konnten Kiesewetters Furor bremsen.

Am Ende ein Atomkrieg

Es ist erschütternd, dass solches Gerede in Deutschland längst wieder salonfähig geworden ist. Kiesewetter, Strack-Zimmermann, Hofreiter und allzu viele andere haben offensichtlich jeden Realitätsbezug verloren und spielen skrupellos mit einer Eskalation zum Dritten Weltkrieg und der atomaren Auslöschung der ganzen Nordhalbkugel. Die Vorstellung, Putin würde diesen Krieg jemals verlorengeben (wozu er ohnehin nicht den geringsten Grund hat), und ein paar deutsche Taurus-Raketen würden daran irgendetwas ändern, ist völlig abwegig. Selbst wenn sich die militärische Lage zuungunsten Russlands drehen sollte, worauf faktisch nichts, aber auch gar nichts hindeutet, würde Putin am Ende eher Atomwaffen einsetzen, als eine Niederlage zu akzeptieren, die ihn selbst die Macht und wahrscheinlich das Leben kosten und Russland einen globalen Prestigeverlust bescheren würde, von dem es sich auf Jahrzehnte nicht erholen würde.

Diese trivialen, jedem Kind verständlichen Erkenntnisse werden von Traumtänzern wie Kiesewetter und eben seinen gelbgrünen Brüdern im Geiste jedoch einfach ignoriert. Dass dieser infantil-moralische Trotz und grassierende Realitätsverlust nicht nur im Elfenbeinturm der politischen Nomenklatur, sondern leider (und durchaus bedeutungsschwerer) sogar in den Streitkräften verbreitet ist, zeigte das abgehörte Gespräch von vier hochrangigen Bundeswehroffizieren. In  der Tat zeugen die leichtsinnigen Aussagen über Angriffe auf völkerrechtlich klar russischen Territorium wie die Kertsch-Brücke auf der Krim, über die nahezu der komplette russische Nachschub transportiert wird, oder auch das Eingeständnis, dass Soldaten aus NATO-Ländern längst in der Ukraine aktiv sind, wie verantwortungs- und achtlos hier jede Risiko- und Folgenabschätzung ausgeblendet wird.

Unaufhaltsame Eigendynamik dank dümmlichem Maulheldentum

Man sollte es nicht für möglich halten, aber auch hier wiederholt sich wieder die aus vielen vorherigen Kriegen bekannte Eskalationsspirale: Nach dem Motto „Wer A sagt, muss auch B sagen“, wird ausgerechnet die “territoriale Unversehrtheit” (ein Zustand, der sowieso nur unter Missachtung des in den Minsker Verträgen vom Westen selbst anerkannten völkerrechtlichen Selbstbestimmungsrechts postuliert werden kann) der korrupten und innerlich zerrissenen Ukraine, für die sich bis vor zwei Jahren kaum jemand interessierte und der gegenüber keinerlei Bündnisverpflichtungen bestehen, zur Schicksalsfrage der Menschheit aufgeblasen. Mit der möglichen Folge, dass sich daran ein Atomkrieg entzünden könnte – weil westliche Politiker, die allesamt in Frieden und Wohlstand aufgewachsen sind und Krieg nur noch aus Filmen und Büchern kennen, mit unsäglich dummem Maulheldentum eine Eigendynamik in Gang setzen, die niemand mehr stoppen kann.

Zahllose Male wurde wurde behauptet, Russland habe diesen Krieg bereits verloren – dabei ist das Gegenteil der Fall. Die Ukraine hat weder die Waffen noch das Personal, um noch standzuhalten, zumal sich die USA aus diesem von ihnen selbst mitverschuldeten Debakel offensichtlich langsam zurückziehen und die Kriegslasten und -gefahren ihren europäischen NATO-Partnern aufbürden wollen. In nützlichen transatlantischen Lakaien wie Kiesewetter oder Strack-Zimmermann finden sie dafür begeisterte Anhänger. Selbst wenn es der Ukraine möglich wäre, mit westlichen Waffen eine Wende zu erzwingen, würde ein immer mehr in die Defensive gedrängter Putin höchstwahrscheinlich taktische Nuklearwaffen einsetzen. Die NATO müsste dann, aufgrund der Falle, die sie sich selbst gestellt hat, endgültig offen in den Krieg eintreten – obwohl sie dafür noch nicht einmal den Bündnisfall ausrufen könnte, da die Ukraine kein NATO-Mitglied ist. Zudem fragen sich Kiesewetter und andere offenbar nicht, was ein „wackelnder“ Putin bedeuten würde. Ein Russland, das in innenpolitische Chaos versinkt, vielleicht noch mit neuen Nationalitätenkonflikten, wäre ein einziger Alptraum. Man kann nur noch hoffen, dass die Vernunft zurückkehrt und zumindest ein Waffenstillstand erreicht werden kann, der den Krieg einfriert, bevor endgültig eine apokalyptische Entwicklung erreicht ist, die nicht mehr einzufangen ist.